Lausitzer Rundschau: Kritik an Ethikrat-Vorschlag zu Organspende: Übertriebener Aufschrei
Cottbus (ots)
Selten ist sich Politik über Parteigrenzen hinweg so einig wie in dem Aufschrei über den Vorschlag des Nationalen Ethikrates zur Organspende. SPD und Grüne sehen das Selbstbestimmungsrecht bedroht, die CDU auch die Menschenwürde. Die Linkspartei steht nicht abseits und hält den Vorschlag des Ethikrates für verurteilungswürdig. Der Rat hatte jedoch nichts anderes vorgeschlagen, als das, was in der Mehrzahl der europäischen Länder gilt: die Widerspruchsregelung zur Organspende. Das bedeutet, die Entnahme von Organen hirntoter Menschen ist erlaubt, wenn der Betroffene nicht zu Lebzeiten oder seine Angehörigen am Totenbett widersprechen. Niemand wird Länder wie Österreich, Portugal, Frankreich, Griechenland und Finnland deshalb einen verantwortungslosen Umgang mit Menschenwürde und Selbstbestimmung vorhalten. In Deutschland, wo die Organentnahme nur bei ausdrücklicher Zustimmung möglich ist, wird jedoch allein der Vorschlag, über die Widerspruchsregelung zu diskutieren, sofort verteufelt. Dabei gibt es gute Gründe, den Vorschlag ernst zu nehmen. Bei Befragungen sind fast alle Bürger potenzielle Organspender, doch nur sehr wenige haben einen Spenderausweis. Die Organspende-Entscheidung wird in der Mehrzahl der Fälle den Angehörigen aufgeladen. Die sollen dann in dem Moment entscheiden, in dem sie den Tod eines geliebten Menschen verkraften müssen. Eine Widerspruchsregelung würde das Recht, Nein zu sagen, nicht einschränken. Es würde jedoch im öffentlichen Bewusstsein die Organspende zur Regel und die Ablehnung zur Ausnahme machen. Jetzt ist es in Deutschland umgekehrt. Angesichts der einhelligen Ablehnung des Vorschlags durch die Politik wird alles bleiben, wie es ist. Leider, angesichts von eintausend Menschen, die jährlich in diesem Land sterben, weil sie kein Spenderorgan bekommen. Solange man selbst oder ein naher Angehöriger nicht auf der Warteliste für ein lebensrettendes Organ steht, lässt sich das ganz gut verdrängen.
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