Oxfam: Reiche Länder geizen beim UN-Aufruf für die Opfer des Erdbebens in Südasien
Berlin (ots)
- Redaktionelle Sperrfrist: Mittwoch, 26. Oktober, 00.01 Uhr -
Die reichen Länder haben bislang völlig unzureichend auf den UN-Aufruf in Höhe von 312 Mio. US$ zur Hilfe für die Erdbebenopfer in Südasien reagiert. Sie müssen bei der Geberkonferenz, die heute in Genf beginnt, unbedingt weitere Zusagen machen, so die internationale Hilfsorganisation Oxfam. Oxfam hat berechnet, welchen angemessenen Beitrag reiche Länder zum UN-Aufruf zu leisten hätten, unter Berücksichtigung ihres Anteils an der Wirtschaftskraft der OECD.
Oxfams Zahlen belegen:
- Obwohl Kofi Annan letzte Woche dringend zu mehr Hilfe aufrief, ist der UN-Aufruf bisher nur zu 19% durch Auszahlungen gedeckt; unter Berücksichtigung der Zusagen (die aber oft nicht ausgezahlt werden) sind es 30%.
- Nur vier Länder (Schweden, Luxemburg, die Niederlande und Dänemark) haben bisher mehr als ihren angemessenen Anteil an Hilfe geleistet.
- Zu den Ländern, die bisher weniger als 20% ihres angemessenen Anteils gegeben haben, gehören Japan (17%), Deutschland (14%), die USA (9%) und Italien (7%).
- Sieben reiche Geberländer haben bisher noch gar nichts zu dem UN-Aufruf beigetragen - Belgien, Frankreich, Österreich, Finnland, Griechenland, Portugal und Spanien. Im Gegensatz dazu haben sehr viel ärmere Länder, wie Polen und Chile, Beiträge geleistet.
Einige dieser Länder haben zwar möglicherweise Mittel außerhalb des UN-Aufrufs bereitgestellt. Jedoch ist Oxfam der Ansicht, dass die vorrangige Erfüllung des UN-Aufrufs von entscheidender Bedeutung für den Erfolg der internationalen Hilfsanstrengungen ist.
Oxfams Kampagnenleiterin, Jo Leadbeater, klagt an: "Die Geberländer reagieren wieder einmal viel zu zögerlich auf einen Nothilfeaufruf. Der gegenwärtige logistische Alptraum in Pakistan ist schon schlimm genug, ohne dass auch noch um ausreichende Finanzierung gebangt werden muss. Die Geberregierungen, die heute in Genf zusammenkommen, müssen umgehend ihren angemessenen Anteil beisteuern. Die Öffentlichkeit wird kein Verständnis dafür haben, dass so viele reiche Länder in dieser extremen Notsituation derart geizig sind."
Laut Oxfam sind die unzureichenden Beträge, die für diese Katastrophe bereitgestellt wurden, inzwischen eher die Regel - im Gegensatz zu anderen medienwirksamen Katastrophen, auf die viel großzügiger reagiert wurde (z.B. wurde der UN-Aufruf 2003 für den Irak zu über 90% gedeckt; der Tsunami-Aufruf erhielt innerhalb von 10 Tagen 80% der geforderten Mittel):
- 2004 stellten die Geberländer weniger als zwei Drittel der in den UN-Aufrufen geforderten Mittel zur Verfügung - und hinterließen eine Lücke von 1,3 Mrd. US$. 2003 gab es ein ähnliches Defizit.
- Die meisten UN-Aufrufe erhalten im ersten Monat weniger als 30% der erforderlichen Finanzierung.
- Andere laufende UN-Aufrufe, wie der für die Nahrungsmittelkrise in Malawi, sind ähnlich unterfinanziert.
"Die langsame Reaktion auf den UN-Aufruf für Südasien ist leider inzwischen die deprimierende Regel. Eine solche Verzögerung kann tausende Menschenleben kosten. Wann werden reiche Länder endlich die entsprechenden Lehren ziehen?
Die Vereinten Nationen benötigen dringend eine angemessene Aufstockung des globalen Nothilfefonds auf eine Milliarde US$, um derartige Lücken zu füllen und ausreichende Hilfe sofort verfügbar machen zu können. Bis dahin wird das chaotische Herumreichen des internationalen Klingelbeutels weitergehen, und Menschen, die Katastrophen überlebt haben, werden weiterhin sterben, während sie auf Hilfe warten", so Leadbeater.
Die UN haben Vorschläge für einen neuen globalen Nothilfefonds gemacht - durch eine Reform des bestehenden, formal als Central Emergency Revolving Fund (CERF) bezeichneten Fonds. Jedoch betragen die Geberzusagen für diesen Fonds zurzeit nur insgesamt 187 Mio. US$. Das sind weniger als 20% des laut Oxfam erforderlichen Fondsumfangs von einer Milliarde US$. Die Aufstockung des Fonds muss außerdem unbedingt zusätzlich zur gegenwärtigen Nothilfe, und nicht zu deren Lasten, erfolgen.
Nur sieben Länder - Großbritannien, Schweden, Norwegen, die Niederlande, Irland, die Schweiz und Luxemburg - haben bisher Beiträge zum neuen Nothilfefonds zugesagt. Andere reiche Geberländer, darunter die USA, Belgien, Italien, Frankreich, Kanada, Australien und auch Deutschland, haben hingegen bisher noch keinen Cent beigesteuert.
Kontakt:
Jörn Kalinski, 030-42850623, jkalinski@oxfam.de
Hinweise für Redakteure:
Sperre: 00.01 Uhr, Mittwoch, 26.10.05
Zur vollständigen Liste der jeweiligen Beiträge der einzelnen Länder
zu dem UN-Aufruf sowie Vergleiche zu ihrem angemessenen Anteil:
http://www.oxfam.org/eng/pr051025_southasia_appeal_backgrounddocs.htm
Der globale Nothilfefonds der Vereinten Nationen, der bereits bei dem
UN-Gipfel Mitte September von Staats- und Regierungschefs beschlossen
wurde, wird Mitte November zur abschließenden Ratifizierung in die
UN-Generalversammlung eingebracht. Die UN rechnen damit, dass der
Fonds Anfang 2006 in Kraft tritt.
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