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Berliner Morgenpost: Die CDU - diszipliniert, aber ohne Impulse - Kommentar

Berlin (ots)

Da mag das Grummeln und Murren über den
Führungsstil von Angela Merkel noch so groß sein - sie ist und bleibt
die Alleinherrscherin der Partei. Die Delegierten in Stuttgart haben 
vor dem Superwahljahr 2009 angesichts der eher gedämpften 
Stimmungslage auch innerhalb der CDU erstaunlich diszipliniert 
abgestimmt. Und politisch klug zugleich. Gilt es doch vor einem Jahr 
mit fünf Landtagswahlen, einer Europawahl und als Höhepunkt der 
Bundestagswahl Geschlossenheit zu demonstrieren. Angela Merkel ist 
und bleibt zumindest bis zum 27. September die unbestrittene Nummer 
Eins in der CDU. Zwar wurden auch ihre vier Stellvertreter mit sehr 
guten Ergebnissen wieder gewählt. Doch der Abstand zwischen der 
Kanzlerin und Roland Koch mit dem besten Ergebnis der potenziellen 
Kronprinzen ist deutlich.
Das grandiose Ergebnis für Angela Merkel darf nicht darüber 
hinwegtäuschen, dass sie ihre Partei fast im Alleingang führt, dass 
fast alle Verantwortung allein auf ihr lastet. Sie hat es nicht 
anders gewollt. Sie geht mit diesem Führungsstil allerdings ein hohes
Risiko ein. Enden die Wahlen im kommenden Jahr, insbesondere 
natürlich die Bundestagswahl, nicht so, wie es die Partei erwartet, 
werden sich Enttäuschung und Unmut Bahn brechen. Auch dann steht 
Angela Merkel allein da.
Dass die Beziehung zwischen ihr und der Partei eine eher rationale 
bis kühle ist, bestätigt dieser Bundesparteitag einmal mehr. Angela 
Merkels Rede weckte kaum Emotionen, der Beifall der Delegierten am 
Ende währte lang, Jubelstimmung vernimmt sich allerdings anders. 
Zugegeben, zu Begeisterungsstürmen gibt es angesichts von Weltfinanz-
und Wirtschafskrise wenig Anlass. Doch ein bisschen mehr Aufmunterung
für die kommenden Wahlkämpfe und mehr Glaubwürdigkeit für das 
Versprechen, nach 2009 die Steuern zu senken und die Mitte der 
Gesellschaft dann auch tatsächlich zu stärken, wünschten sich gestern
viele Delegierte; die Basis schon lange. Welches Signal von Stuttgart
hätte ausgehen und die Partei neu motivieren können, deutete Angela 
Merkels Nicht-mehr-Parteifreund Friedrich Merz an: Schon im nächsten 
Jahr eine Korrektur des Steuertarifs, damit Lohn- und 
Gehaltssteigerungen nicht gleich wieder vom Staat als 
steuerpolitischem Trittbrettfahrer aufgefressen werden, bevor in der 
nächsten Legislaturperiode die große Steuerreform kommt. Merz sprach 
damit vielen aus der Seele.
Die Kanzlerin dagegen will nicht vorschnell ihr Pulver verschießen. 
Allerdings schließt auch sie nicht mehr aus, steuerpolitisch Leine zu
lassen, wenn eine erlahmende Binnenkonjunktur das nötig macht. Aber 
wäre frühes Handeln nicht wirkungsvoller und vor allem glaubwürdiger 
als abzuwarten, bis die Konsumenten kein Geld mehr zum Konsumieren 
haben? Das Abwarten der Kanzlerin ist riskant. Handelt sie zu spät, 
zweifeln die Bürger endgültig an ihrem Versprechen, irgendwann die 
Steuern zu senken. Ihr gehortetes Pulver für den alles entscheidenden
Wahlkampf im September wäre nass.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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