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BERLINER MORGENPOST

Berliner Morgenpost: Das riskante Spiel des Berliner Senats

Berlin (ots)

Es rappelt wieder zwischen SPD und Linkspartei in
der Berliner Koalition. Die Linke lehnt den Kompromiss zur 
Erbschaftsteuer als ungerecht und unsozial ab. Deshalb hätte sich 
nach ihrer Lesart Berlin im Bundesrat enthalten sollen. Weil das 
nicht geschah, sieht Linken-Landeschef jetzt die Zusammenarbeit als 
gefährdet und das Vertrauensverhältnis in der Koalition als belastet 
an.
Aber Klaus Wowereit wollte sich auf keinen Fall ein zweites Mal 
innerhalb eines halben Jahres von seinem Juniorpartner als lahme Ente
vorführen lassen. Nach der peinlichen Schlappe bei der von den Linken
erzwungenen Enthaltung Berlins zum EU-Vertrag musste sich der 
Sozialdemokrat diesmal in dieser bundespolitisch bedeutenden Frage 
durchsetzen, um seine Autorität zu beweisen. Nur wenn klar ist, wer 
Koch und wer Kellner ist, sind rot-rote Bündnisse einer skeptischen 
SPD als Regierungsoption vermittelbar.
Anders als in der Europa-Frage kam es diesmal beim knappen Ausgang 
der Abstimmung auch auf das Berliner Votum an. Und ein Scheitern 
hätte direkte finanzielle Folgen für das Land gehabt.
Das sieht auch Linken-Frontmann Harald Wolf. Bei linken Pragmatikern 
wie dem Wirtschaftssenator zieht das Argument, ohne den nun 
gebilligten Kompromiss gebe es ab 2009 gar keine Erbschaftsteuer mehr
und allein dem Land Berlin gingen mehr als 200 Millionen Euro 
verloren. Aber Pragmatismus ist im Bundestagswahlkampf bei den Linken
nicht gern gesehen. Die Fundamentalisten auf Bundes- und Landesebene 
machten Druck. Nachdem Wolf schon mit seiner Zustimmung zum 
Banken-Rettungspaket intern Kritik geerntet hatte, fügte er sich 
diesmal seiner Partei. Gleichwohl verzichtete Wowereits 
Stellvertreter darauf, den Konflikt eskalieren zu lassen und zog es 
vor, der Bundesratssitzung fernzubleiben. Berlins Stimmführerin, 
Justizsenatorin Gisela von der Aue, konnte unbedrängt vom linken 
Widerstand die Hand zum Ja Berlins heben.
Kurz nach diesem halben Rückzug taten die Linken dann energisch ihre 
Empörung über Wowereits Vorgehen kund. Das müssen sie, schließlich 
will Landeschef Klaus Lederer heute von einem Landesparteitag 
wiedergewählt werden. Der Basis können Lederer, Wolf & Co nun 
Entrüstung über die bösen Sozialdemokraten vorspielen, obwohl sie 
noch nicht einmal den Koalitionsausschuss einberufen. Denn kaum 
jemand in der Linken wie in der SPD will das rot-rote Bündnis 
ernsthaft infrage stellen.
Aber die Strategie des kontrollierten Streits zur gegenseitigen 
Profilierung birgt enorme Risiken. Die Zahl der offenen Rechnungen 
steigt. Niemand kann sicher sein, dass ein solcher Konflikt nicht 
irgendwann einmal aus dem Ruder läuft und die Koalition zerbricht. 
Der Bundestagswahlkampf und mögliche weitere Aktionen zur 
Konjunkturbelebung werden viel Stoff bieten, um SPD und Linke 
gegeneinander aufzubringen. Schlimm für Berlin ist, dass im rot-roten
Reizklima notwendige Projekte wie die Schulreform, der 
Unternehmensservice oder die Offensive zum Klimaschutz verschleppt 
werden.

Pressekontakt:

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Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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