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Berliner Morgenpost: Kommentar: Abwrackprämie - Die große Koalition verlängert ihren Knüller

Berlin (ots)

Im derzeitigen Milliarden- Rausch zur Rettung von
Banken und Konjunktur war schwerlich zu erwarten, dass die große 
Koalition ausgerechnet ihren Knüller der Saison aus dem Verkehr 
zieht. Die heiß begehrte Abwrackprämie kostet den Staat 
vergleichsweise bescheidene 1,5 Milliarden Euro, von denen ein nicht 
unbeträchtlicher Teil als Mehrwertsteuer wieder in die öffentlichen 
Kassen zurückließt, sie beschert der angeschlagenen Autoindustrie 
samt Zulieferbranche einen unerwarteten Auftragsboom und sie lässt 
sich politisch auch noch als "soziale Komponente" im Rahmen der Flut 
teurer Programme zur Eindämmung der globalen Finanz- und 
Wirtschaftskrise verkaufen. Denn erst verschrottet und dann mit 
Zuschuss neu gekauft werden vor allem Kleinwagen, die in der Regel 
von weniger Begüterten bevorzugt werden. Und nicht zu vergessen der 
nahende Wahlkampf: Wer hätte es wirklich wagen können, die 
Abwrackprämie, wie beschlossen zu deckeln, wenn der Topf viel früher 
als gedacht leer ist?!
Die SPD hat vermutlich darauf gesetzt, dass CDU und CSU aus ordnungs-
und haushaltspolitischen Rest- Grundüberzeugungen eine Verlängerung 
dieser weiteren Milliarden- Subvention, nichts anderes ist die 
Verschrottungs- und Neukaufprämie, ablehnen werden. Müntefering und 
Steinmeier haben die Prämie nicht nur in das Konjunkturpaket II der 
Koalition gedrückt, sie haben angesichts des Erfolgs auch als erste 
ihre Verlängerung propagiert. Die Kanzlerin hat die Stimmung in 
diesem Fall richtig erkannt und sich nicht verweigert. Union und SPD 
können damit wieder mal einen gemeinsamen Erfolg nachweisen. Sie 
widerlegen zugleich all die Kritiker, die behaupten, die Koalition 
habe ihre Regierungsarbeit zum Nachteil eines vorgezogenen 
Bundestagswahlkampfs eingestellt.
Das können sich die Schwarzen und Roten in dieser Lage überhaupt 
nicht leisten. Angesichts der bevorstehenden internationalen 
Krisengipfel und erwarteten negativen Zuspitzung auch auf dem 
nationalen Arbeitsmarkt in den kommenden Monaten sind öffentlich 
ausgetragene Schaukämpfe dem Ernst der Lage völlig unangemessen. Sie 
lassen die Menschen, die durch die Wucht der Finanzkrise ohnehin 
verunsichert sind und zunehmend die Kraft unserer freiheitlichen 
Wirtschaftsordnung in Frage stellen, nur noch mehr an Glaubwürdigkeit
und Kompetenz der Regierenden zweifeln. Das heißt nicht, dass in 
diesem Jahr der Wahlkampf auszufallen hat. Für ihn reicht die Zeit 
nach der Sommerpause, zumal sich immer mehr Wähler erst unmittelbar 
vor der Stimmabgabe entscheiden, wo sie denn letztlich ihr Kreuz 
machen.
Spätestens bald danach soll die Abwrack-Schnäppchen- Aktion endgültig
enden. Dann allerdings könnte es ein böses Erwachen geben. Vielleicht
über das, was die Wähler an den Urnen angerichtet haben; ziemlich 
gewiss aber über die Folgen für die Verkäufer von Kleinwagen. Die 
Nachfrage wird einbrechen, weil der Markt dann weitgehend gesättigt 
sein wird. Insofern ist die Verlängerung der Abwrackprämie gewiss 
auch ein populistischer Akt. Allerdings einer von der seltenen Art 
mit mehr Vor- als Nachteilen.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

Original-Content von: BERLINER MORGENPOST, übermittelt durch news aktuell

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