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BERLINER MORGENPOST: Endlich regiert die Vernunft Ansgar Graw über die Einigung zwischen Demokraten und Republikanern im US-Haushaltsstreit

Berlin (ots)

Nach dem Streit ist vor dem Streit: In sprichwörtlich letzter Minute haben die Führer von Republikanern und Demokraten im Kongress mit Präsident Barack Obama einen Kompromiss skizziert, damit die USA von Dienstag an noch ihre Rechnungen bezahlen können. Vorausgesetzt, die rebellischen Tea-Party-Anhänger in den republikanischen Reihen und die Status-quo-Verteidger im Lager der Demokraten stimmen der Einigung zu, ist in den Nachtsitzungen viel erreicht worden. Die Grenze für die Staatsverschuldung von derzeit 14,3 Billionen Dollar wird angehoben, der Etat um drei bis vier Billionen Dollar in der kommenden Dekade zusammengestrichen. Und ebenso positiv: Eine Wiederholung des oft absurden Stellungskrieges der vergangenen Wochen würde es bis Anfang 2012 nicht geben. Das wäre der Standfestigkeit Barack Obamas und der Demokraten zu verdanken. Und Washington diskutiert endlich mit dem nötigen Alarmismus und angemessener Heftigkeit das gewaltige Staatsdefizit. Das dürfen sich die Republikaner gutschreiben. Sie gaben in den vergangenen Wochen zu oft der Ideologie den Vorrang vor Sachzwängen. Aber sie haben zugleich deutlich gemacht, dass Washington den Kurs überbordender Ausgaben nicht fortsetzen darf, will es seinen ohnehin unsicherer gewordenen Status als globale Supermacht nicht fahrlässig aufs Spiel setzen. Um es vorwegzunehmen: Von einem echten Kurswechsel kann noch keine Rede sein. Auch in den nächsten Jahren werden angesichts der hohen Arbeitslosigkeit die Ausgaben stärker steigen als die Einnahmen. Weitere Kürzungen sind nötig. Die Republikaner müssen neben Reformen des Steuersystems zulassen, dass der Pentagon-Etat schrumpft, der mitunter stärker der Sicherung regionaler Arbeitsplätze als der nationalen Sicherheit dient. Kürzungen in anderen Bereichen des Verteidigungshaushaltes können hingegen Kernkompetenzen der Nato gefährden. Die Nato-Verbündeten müssten darum Washingtoner Einsparungen durch erhöhte Aufwendungen in ihren eigenen Etats ausgleichen. Die Demokraten schließlich haben zu akzeptieren, dass Sozialprogramme wie Medicare, Medicaid und Social Security keine heiligen Kühe sind. Obama sprach dieser Tage von "Betrug" und "Verschwendung" in diesen Systemen. Hier ist anzusetzen, nicht bei einer Einschränkung des Versicherungsschutzes für die sozial Schwachen. Doch ausgeglichene Jahresbudgets und gar Überschüsse, die zuletzt vor dem Amtsantritt von George W. Bush 2001 zu verzeichnen waren, sind erst zu erwarten, wenn die Wirtschaft wieder Fuß gefasst hat. Dann muss Vorrang haben, die Staatsverschuldung zu senken. Am 6. November 2012 stehen der Präsident, die Mitglieder des Repräsentantenhauses und ein Drittel der Senatoren zur Wahl. Obama hat durchaus Chancen auf eine Wiederwahl, während die Republikaner nach dem Repräsentantenhaus nun auch noch den Senat übernehmen könnten. Ein kluger und abgeklärter Präsident in seiner letzten Legislatur und ein zum Konflikt bereiter, aber in sich geschlossener Kongress - für die USA und die Welt wäre das nicht die schlechteste Lösung.

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