BERLINER MORGENPOST: Zuviel versprochen Leitartikel von Isabell Jürgens über das Flüchtlingscamp auf dem Oranienplatz
Berlin (ots)
Wenn gleich drei Senatoren und eine Bezirksbürgermeisterin nach der Senatssitzung im Roten Rathaus an die Öffentlichkeit drängen, muss die Nachricht außergewöhnlich gut sein. "Großes steht bevor", stellte Klaus Wowereit denn auch in Aussicht. Und präsentierte sodann das "Einigungspapier", das dem Protestcamp der Flüchtlinge auf dem Oranienplatz und in einer Kreuzberger Schule nun ein friedliches Ende bescheren soll. Leider hat die hinter verschlossenen Türen mit den Flüchtlingsvertretern ausgehandelte Einigung einen Schönheitsfehler: Eine Gruppe der Besetzer ist nicht bereit, dieses Papier zu unterschreiben. Da kann die Integrationssenatorin Kolat noch so sehr darauf verweisen, dass 80 Prozent der Betroffenen die Einigung unterzeichnen wollen, auf die man sehr stolz sei. Schließlich sichere sie den Flüchtlingen Unterstützung in ihren Einzelfallverfahren eine alternative Unterbringung sowie das Recht zu, in einer Info-Box auf ihre verzweifelte Situation hinzuweisen. Im Rahmen des rechtlich Möglichen ist das sicher ein achtbares Angebot. Doch für die Flüchtlinge, deren Asylantrag in anderen Bundesländern bereits abgelehnt wurde, kann diese Regelung nicht gelten. Und genau diese Gruppe ist es nun, die sich, wenig verwunderlich, an das Papier nicht gebunden fühlt. Und noch während die Senatoren im Roten Rathaus vor der Presse Einzelheiten der Vereinbarung vorstellen, wird auf dem Oranienplatz weiter an der Befestigung der Hütten gearbeitet. Zweifel, dass die mehr als anderthalbjährige Besetzung des Platzes und der Schule tatsächlich in Kürze friedlich beendet werden kann, sind mehr denn je angebracht. Innensenator Frank Henkel gab gestern aus gutem Grund keine klare Antwort auf die Frage, was passiert, wenn das Camp nicht wie vereinbart "zügig geräumt" wird. Immerhin hatte der Koalitionspartner SPD ihn schon einmal zurückgepfiffen, als er die zwangsweise Räumung in Aussicht gestellt hatte. Dass dieses Szenario auch weiterhin das Wahrscheinlichste ist, darauf lässt eine schriftliche Erklärung des CDU-Generalsekretärs Kai Wegner schließen. Denn darin heißt es sinngemäß, er rate allen Flüchtlingen, das Angebot anzunehmen. Ein weiteres werde es nicht geben. Nur so könne eine Räumung als letzte Konsequenz verhindert werden.
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