Berliner Morgenpost: Kommentar - Konjunktur
Berlin (ots)
Die positive Entwicklung der Geschäftserwartungen ist erfreulich. Wäre der Index des Münchner Ifo-Instituts zum dritten Mal in Folge gefallen, hätte dies die Wende zum Schlechteren signalisiert. Und doch bleibt die Lage labil. Denn die Mehrheit der Deutschen ist, wie Demoskopen uns fast täglich wissen lassen, tief verunsichert. Die Stimmung hellt sich bislang lediglich bei jenen auf, die im Land etwas unternehmen. Das hat zum einen psychologische Gründe: Wer es wie Manager und Unternehmer gewohnt ist, Risiken eingehen zu müssen, um Chancen wahrnehmen zu können, der wird die Veränderungen im Land zwangsläufig positiv bewerten: Die jüngsten Tarifeinigungen bei Siemens und Daimler-Chrysler werden Schule machen und in Verbindung mit den Arbeitsmarktreformen die Konkurrenzposition des Standorts seiner Unternehmen und seiner Arbeitsplätze verbessern. In den Management-Etagen macht man sich die Hoffnungen, dass sich die ganze Tariflandschaft verändert und flexible Lösungen zum Beispiel bei der Arbeitszeit auch kleineren Firmen Einsparungen bescheren werden. Zum anderen spüren einige Unternehmen bereits eine konkrete Besserung. Weil Preise und Löhne seit der Euro-Einführung langsamer steigen als im europäischen Ausland, wird die hiesige Wirtschaft wettbewerbsfähiger. Dies zeigt sich bereits: Die deutschen Exporteure besitzen volle Auftragsbücher. Unerwartet gut schöpfen sie die Möglichkeit aus, vom schnellen Wachstum in Amerika und Asien zu profitieren. All dies wird auf Dauer auch neue Arbeitsplätze bringen. Und spätestens dann kehrt voraussichtlich auch die Zuversicht bei den heute noch so verunsicherten Verbrauchern zurück. Immerhin fragen sie 56 Prozent der Güter in Deutschland nach und sind damit trotz Konsumflaute der bestimmende Faktor für einen nachhaltigen Aufschwung. Diese positive Konjunkturaussicht sollte Gerhard Schröder darin bestärken, den Reformkurs fortzusetzen. Sollte der Bundeskanzler allerdings dem Druck traditioneller Sozialdemokraten und konservativer Gewerkschafter nachgeben und eine Kehrtwende vollziehen, würde er die Bürger noch mehr verunsichern. Schröder hätte die Chance auf einen Aufschwung verspielt für Deutschland ebenso wie für seine Partei.
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