Berliner Morgenpost: kommentar La Belle
Berlin (ots)
Sind eine Million Dollar der angemessene Preis für ein Menschenleben? 350000 Dollar adäquater Ausgleich für schwerste Verletzungen? Die zwischen Libyen und den Anwälten der Opfer des La- Belle-Anschlags erzielte Einigung löst zwiespältige Gefühle aus. Es ist überaus begrüßenswert, dass die Verhandlungen beendet sind und endlich ein formaler Schlussstrich unter den Anschlag auf die Berliner Diskothek im Jahr 1986 gezogen werden kann. Mögen die überlebenden Opfer ein wenig Ruhe finden. Mit der Einigung ist darüber hinaus der Weg des einstigen Schurkenstaates Libyen zurück in die Weltgemeinschaft geebnet. Seitdem Revolutionsführer Muammar al Gaddafi dem Terror in den 90er-Jahren abgeschworen hat, bemühte er sich um eine Rückkehr auf das internationale Parkett. Zuletzt hatte es erste Annäherungen mit dem britischen Premierminister Tony Blair gegeben. Auch Deutschland bekundete stets das Interesse, die wirtschaftlichen Beziehungen zu dem reichen nordafrikanischen Staat auszubauen. Unmittelbar vor der Einigung verkündete die Bundesregierung, dass einer Reise Kanzler Schröders nach Libyen nichts mehr im Weg stehe. Stets knüpften die Verhandlungspartner jedoch das Ansinnen Gaddafis an die Forderung, die Opfer libyscher Anschläge zu entschädigen. Das ist nun geschehen. Die seelischen und körperlichen Verstümmelungen der Opfer kann allerdings kein Geldbetrag der Welt heilen. Von den schnell dahin geworfenen Worten der unbürokratischen Hilfe bleibt in den seltensten Fällen etwas übrig. Im Fall La Belle war es die private Opferschutz-Organisation Weißer Ring, die den Opfern unmittelbar nach dem Anschlag wenigstens einen kleinen Betrag zahlte. Jedes Opfer einer Straftat muss in Deutschland selbst den steinigen juristischen Weg einschlagen, um seine Peiniger zu Schmerzensgeld oder Wiedergutmachung zu zwingen. Das hilflose Schulterzucken der Politik dabei ist ein Versagen des Rechtstaates. Wenn es die Politiker mit dem Schutz der Menschen ernst meinen, dürfen sie nicht ausgerechnet bei denjenigen zusehen, die unschuldig zu Opfern werden. Hier steht der Staat in der Pflicht, für die Interessen der Opfer zu kämpfen, notfalls in Vorleistung zu gehen und sich dann selbst um einen Ausgleich von den Tätern zu kümmern. Alles andere ist eine Verhöhnung der Betroffenen, die sie erneut zu Opfern macht.
ots-Originaltext: Berliner Morgenpost
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