Berliner Morgenpost: Kommentar - Tabaksteuer
Berlin (ots)
Auch wenn Bundesfinanzminister Hans Eichel vor hektischen Änderungen warnt, scheinen die Koalitionäre doch wild entschlossen, das gerade erst in Kraft getretene Tabaksteuergesetz zu korrigieren. Das ist komisch. Denn eigentlich hat das Gesetz binnen kurzer Zeit genau das bewirkt, was Grüne und Sozialdemokraten mit der höheren Steuer erreichen wollten: Die Menschen rauchen weniger. Der Logik folgend, müssten die Koalitionäre deshalb noch nachlegen, bis die Steuer irgendwann so hoch ist, dass nahezu alle von der Droge lassen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Nach der Erhöhung um 1,2 Cent pro Zigarette Anfang März sollen die für Dezember 2004 und September 2005 geplanten weiteren Erhöhungen ausgesetzt werden. Damit offenbaren die Regierungsverantwortlichen, worum es bei der Operation geht: ums Abkassieren. Um die gesetzlichen Krankenkassen zu entlasten und damit die Chance auf Beitragssenkungen zu erhöhen, wurden im Zuge der Gesundheitsreform versicherungsfremde Leistungen ausgegliedert und sollten stattdessen über Steuern finanziert werden. Weil in Eichels Steuersäckel dafür jedoch kein Geld war, wurde eine neue Finanzquelle aufgetan besser gesagt: auf eine altbewährte zurückgegriffen. Denn auch zur Finanzierung des Anti- Terrorpakets nach den Anschlägen vom 11.September war die Tabaksteuer schon erhöht worden. Motto: Rauchen für den Frieden. Nun heißt es: Rauchen für die Gesundheit. Und dann gibt es noch: Rasen für die Rente. Apropos: Bei der Ökosteuer kommt auch zu wenig heraus, um die Rentenbeiträge wie ursprünglich geplant zu senken. Konsequenterweise sollten die Koalitionäre deshalb überlegen, ob sie diese Zwangsabgabe gemäß der geltenden Steuerlogik gleich mitkorrigieren: je niedriger die Sätze, desto höher die Akzeptanz, desto geringer die Ausweicheffekte. Noch besser wäre allerdings, wenn sich die Regierungsverantwortlichen bei den noch ausstehenden Reformvorhaben endlich darauf einigen könnten, dass sich Steuererhöhungen für welchen Zweck auch immer verbieten. Statt immer nur auf die Einnahmenseite zu schielen, sollte der Fokus auf der Ausgabenseite und damit bei der Antwort auf die Frage liegen, ob wir die geltenden Leistungen tatsächlich alle brauchen? Das ist mit Sicherheit unpopulär. Aber Steuererhöhungen sind es nicht minder. Zumal eine einmal eingeführte Steuer erfahrungsgemäß nicht wieder zurückgenommen wird. Die von Kaiser Wilhelm eingeführte Sektsteuer zur Finanzierung der Kriegsflotte gilt bis heute.
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