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WAZ: Krisenmanagement der Kanzlerin - Viel Verwirrung, wenig Vertrauen. Leitartikel von Angela Gareis

Essen (ots)

Jedem, der in dieser Krise Verantwortung trägt,
gebührt Respekt. Die Kanzlerin trägt in hohem Maße Verantwortung, 
doch bei allem Respekt muss die Frage gestattet sein: Mit welcher 
Strategie? "Die Bundesregierung wird im Januar noch mal agieren", 
sagte Angela Merkel am Dienstag. Das war die matt formulierte 
Ankündigung eines zweiten Konjunkturprogramms. "Ich denke, dass da 
noch mal einige Milliarden zu Stande kommen." Wortwahl, Ort und Zeit 
dieser Ankündigung sprechen nicht wirklich für eine Strategie, 
jedenfalls nicht für eine Kommunikationsstrategie.
Die Kanzlerin hielt in Mannheim einen Vortrag im Zentrum für 
Europäische Wirtschaftsforschung, was kaum der geeignete 
Veranstaltungsrahmen ist für die erste deutliche Bemerkung der 
Kanzlerin inmitten einer breiten Debatte über Konjunkturmaßnahmen, 
mit denen die Wucht der Krise abzumildern sei. Von außen betrachtet 
kann man den Eindruck gewinnen, das zweite Konjunkturprogramm sei 
praktisch an der Kanzlerin vorbeigeschoben worden, und zwar am 
Sonntag, als Vertreter aus Wirtschaft, Gewerkschaften und 
Wissenschaft bei ihr im Amtssaal saßen. Eigentlich hatte Merkel mit 
dieser Einladung die erregte Diskussion über Steuerentlastungen und 
Investitionen abmoderieren wollen, doch stattdessen sind die Dinge in
Bewegung geraten.
Um nicht missverstanden zu werden: Es war sicher richtig, dass 
Merkel nicht mit vollen Händen die (nicht vorhandenen) Milliarden aus
den Fenstern geworfen hat. Abwarten kann eine Strategie sein, aber 
nicht, wenn man so lange abwartet, bis man getrieben wird. Merkel 
wird nun Treffen um Treffen absolvieren, um mit Dax-Vorständen über 
die Sicherung von Arbeitsplätzen zu sprechen oder mit den 
Unionsministerpräsidenten über vorgezogene Investitionen in 
Infrastruktur. Aber der Verdacht wird sie begleiten, dass sie die 
Krise nicht richtig eingeschätzt hat, denn mindestens die 
Deutungshoheit über das "Agieren" im Januar ist ihr abhanden 
gekommen.
Schon die vorübergehende Aussetzung der Kfz-Steuer für Neuwagen 
war ein Lehrstück darüber, wie aus dem Druck der ungesteuerten 
Diskussion ein sinnarmer Konsumanreiz geboren werden kann. Inzwischen
füllen so viele Vorschläge den öffentlichen Raum, dass Menschen kaum 
mehr überlegen müssen, was wohl kommt, sondern eher, was nicht kommt.
Das Vertrauen der Bürger in Merkels Krisenmanagement sinkt, wie 
aktuell erforscht worden ist, und das ist der schlechteste 
Konsumanreiz, den man sich vorstellen kann.

Pressekontakt:

Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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