Westdeutsche Allgemeine Zeitung
WAZ: Wenigstens ein Dach überm Kopf - Kommentar von Matthias Korfmann
Essen (ots)
Ein Dach über dem Kopf ist wohl das Mindeste. Es müsste selbstverständlich sein, zumal in einem reichen Land. Vor 40, ja noch vor 20 Jahren lebten Tausende Menschen im Ruhrgebiet in erbärmlichsten Not-Unterkünften. Weil sich niemand so richtig um diese Abgehängten kümmerte. Und weil sich Hausbesitzer die angenehmsten Mieter rauspicken konnten: "Ruhiges, älteres Paar ohne Kinder..." Das ging so, bis die Städte, die Awo, Caritas, Diakonie und andere Organisationen Hilfe organisierten. Sie haben nicht nur drüber geredet, sie haben es gemacht. Ein schönes Beispiel dafür, dass man Gutes tun kann, wenn man es nur will. Und wenn genügend freie Wohnungen vorhanden sind. Hinter der guten Nachricht verbergen sich mehrere schlechte. Erstens: Wohnungslosigkeit ist in weiten Teilen der Republik noch immer ein Thema. Zweitens: Der Wohnungsmarkt kann sich verändern, bezahlbare Wohnungen also wieder rar werden. "Heuschrecken"-Firmen lassen auch im Revier um des Profites Willen ganze Quartiere verrotten. Drittens: Es gibt zwar nur wenige Wohnungslose, aber viele Arme in Gelsenkirchen, Dortmund oder Bochum. Menschen, die ohne "Tafeln" nicht satt werden, die sich den Arztbesuch nicht leisten können, die im Schuldensumpf versinken. Es gehört also mehr zum guten Leben als nur ein Dach.
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