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WAZ: Wieder Debatte in der CDU: Leitkultur – Leidkultur? - Leitartikel von Birgitta Stauber-Klein

Essen (ots)

Leben in Deutschland: Manche Menschen waschen gern
am Samstag ihr Auto. Manche gehen sonntags in die Kirche. Andere
gehen jedes Jahr zum Oktoberfest. Das alles ist völlig normal.
Es gibt übrigens Menschen, die essen den Sonntagsbraten nicht mehr
so gerne. Zu fad, zu fett, zu viel Fleisch. Stattdessen steht roher
Fisch auf dem Tisch, ganz fernöstlich. Viele feiern das islamische
Zuckerfest mit Geschenken und Familie. Noch mehr feiern Weihnachten
mit Geschenken und Familie.
Das ist das Schöne am Leben in Deutschland: Es ist vielfältig, und
das ist typisch. Eine Einheitskultur, nach der das Leben gestaltet
werden sollte, braucht diese pluralistische Gesellschaft nicht. Wohl
aber die Bereitschaft, überhaupt am gesellschaftlichen Leben
teilzunehmen. Das ist Integration, und nicht die erzwungene Übernahme
von Sitten, Gebräuchen oder religiösen Überzeugungen.
Was soll nun wieder der Ruf nach einer Leitkultur? Das klingt nach
Gängelei statt freier Entfaltung, das klingt bieder, unzufrieden,
nach Jammerei, Frustration, das klingt: typisch deutsch.
Es war gut, dass damals, vor fünf Jahren, die von Friedrich Merz
angestoßene Debatte über die deutsche Leitkultur relativ schnell
wieder beendet wurde. Und nun, da Merz im politischen Leben keine
öffentliche Rolle mehr spielt, tritt der frisch gewählte
Bundestagspräsident in seine Stapfen. Und der Chef der Jungen Union.
Und die gesamte sächsische CDU, die eine Grundsatzdiskussion über
Patriotismus fordert.
Nun gut, nehmen wir den Faden auf. Sprechen wir über Leitkultur,
über den Stolz aufs Vaterland. Wobei: Was ist eigentlich mit dem
Stolz auf uns selbst? Brauchen wir so etwas Abstraktes wie die
Vaterlandsliebe, um zufrieden zu sein?
Sprechen wir über deutsche Kultur, deutsche Geschichte. Über
großartige Dichter, Künstler. Woran wir dann allerdings nicht
vorbeikommen, ist das Dritte Reich, ist die Vernichtung von sechs
Millionen Juden, ist die Schuld an einem globalen Krieg, dessen
Schrecken unvergleichbar ist. Der personifizierte Wahnsinn, dem die
Deutschen, dem die deutsche Leitkultur damals unterlag, ist übrigens
derzeit mit Bruno Ganz in der furchtbaren Hauptrolle im Fernsehen zu
sehen.

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