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WAZ: Konsequenzen aus Foltermord: Der Ministerpräsident hat ein Problem - Kommentar von Hendrik Groth

Essen (ots)

Seiteneinsteiger sollen mehr Professionalität in die
Politik bringen, mit neuen Denk- und Herangehensweisen die 
Mechanismen des Politikbetriebs auflockern und so im Endeffekt für 
eine bessere Regierung sorgen. Die Theorie wird von der Praxis leider
nicht bestätigt. Das Experiment rund um den Steuerexperten Paul 
Kirchhof ging daneben. Ähnlich die Episode um den externen 
Wirtschaftsberater von Ex-Kanzler Schröder, Jost Stollmann.
Seit Mitte 2005 ist die Richterin Roswitha Müller-Piepenkötter 
Justizministerin in NRW. Vielleicht ist diese Berufung auch im 
Zusammenhang mit Seiteneinsteigern ein Missverständnis. Sicherlich 
ist Müller-Piepenkötter eine Juristin, die über mehr Kenntnis über 
das Justizwesen im Lande verfügt als viele andere. Nur von 
Politikmanagement hat die Waltroperin keine Ahnung. Alleine die 
verbale Einordnung "Panne" für den Foltermord an einem 20-jährigen 
Häftling in Siegburg ist inakzeptabel. Wahrscheinlich hat sich die 
Richterin in ihrer kurzen Ministerialzeit zu sehr schon vom 
Justizapparat entfernt, um die Brisanz der bestialischen Tat zu 
verstehen.
Vor sechs Monaten hat das Bundesverfassungsgericht dem 
Jugendstrafvollzug ein schlimmes Urteil ausgestellt. Geändert hat 
sich nichts. Der Jugendstrafvollzug ist Ländersache, und somit kann 
eindeutig die politische Verantwortung zugewiesen werden. Es geht 
nicht darum, dass man jetzt handeln muss, der Auftrag zum Handeln war
vor einem halben Jahr gekommen. Hätte Düsseldorf diesen Auftrag ernst
genommen, der junge Mann könnte noch leben. Die Missstände sind seit 
Jahren bekannt. Unterbesetzung des Personals, zurückgehende 
finanzielle Mittel, eine höher werdende Gewaltbereitschaft der 
Einsitzenden. Eine Ministerin, die nur davon spricht, die 
Verantwortlichen vor Ort zu finden, hat die Fehler im System nicht 
erkannt.
Der momentane Jugendstrafvollzug in NRW sperrt weg - wie Siegburg
auf tragische Weise beweist - und widerspricht damit den Grundsätzen 
des mit Einschränkungen bis 21 Jahre geltenden Jugendstrafrechts, 
nämlich der Erziehung sowie der Vorbereitung eines Lebens ohne 
Straftaten. Wer mit Strafverteidigern spricht, der hört die Furcht, 
dass Siegburg in seiner Brutalität kein Einzelfall sein wird, wenn 
sich schnell nicht etwas ändert. Politik hat viel mit Vertrauen zu 
tun. Der Ministerpräsident wiederholt dies zu Recht immer wieder. Zu 
Vertrauen gehört auch Verantwortung und daraus erwächst 
Glaubwürdigkeit. Für Jürgen Rüttgers wird die Ministerin 
Müller-Piepenkötter zu einem Problem.

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