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WAZ: Jelzins Bilanz ist ambivalent: Mit Mut und Fehlern - Kommentar von Hendrik Groth
Essen (ots)
Michail Gorbatschow ist wahrscheinlich nicht gerade der perfekte Garant für eine objektive Würdigung von Boris Jelzin. Zu sehr waren beide voneinander abhängig und in heftigster Rivalität mit bitteren persönlichen Konsequenzen vereint. Doch im Kondolenzschreiben an die Familie Jelzin formuliert Gorbatschow zutreffend: Boris Jelzin hat Russland große Dienste geleistet und doch große Fehler begangen. So hat Jelzin mit viel Mut den Putschversuch gegen die junge Demokratie 1991 vereitelt. Aber in Tschetschenien war es Jelzin, der einem starken Russland das Wort redete und dann der Armee freie Hand ließ, inklusive schlimmer Menschenrechtsverletzungen. Unter Jelzin wurde die Wirtschaft reformiert, mit all den bekannten Auswüchsen. Der Versuch einer Bilanzierung der Jelzin-Jahre ist ein ambivalentes Unterfangen. Ein Riesenreich, wie es die Sowjetunion darstellte, ging im Großen und Ganzen friedlich unter. Dabei fehlerfrei eine üble Diktatur mit all ihren finstren Strukturen in eine funktionierende Demokratie zu verwandeln, ist kaum möglich. Jelzin aber hat es immerhin versucht.
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