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Rendite oder Patientenwohl? - Freie Ärzteschaft fordert Therapiefreiheit statt Profit- und Überwachungsmedizin

Essen (ots)

Das Gesundheitswesen entwickelt sich zu einer eigenen Marktwirtschaft, in der alle Akteure legitime Interessen verfolgen. Das sagte Professor Paul Ulrich Unschuld von der Charité Berlin auf einer Veranstaltung der Freien Ärzteschaft (FÄ) am Samstag in Frankfurt am Main. Nur wollen Pharmaindustrie, Krankenkassen und Kaufmännische Direktoren der Kliniken nicht das Gleiche wie Ärzte. "Von der Politik dürfen Sie aber keine Unterstützung erwarten", betonte er gegenüber den Ärzten im Publikum. "Die einzigen, die als Verbündete zur Verfügung stehen, sind die Patienten."

Anwaltschaft für Patienten zurückholen

Bedingt durch historische Veränderungen hingen die wirtschaftliche und militärische Stärke des Staates heute nicht mehr von einer durchweg gesunden Bevölkerung ab. Der Medizinhistoriker brachte es auf die Formel: "Gesundheit ist wieder Selbstzweck - wer gesund bleiben will, soll sich selbst darum kümmern." So seien nun Aufgaben der Ärzte, die Anwaltschaft für die Patienten wiederzuerlangen, für die Gesundheit der Gesamtbevölkerung einzutreten und die Unabhängigkeit von nicht-ärztlichen Interessen zu stärken. Unschuld appellierte an die Mediziner: "Ärzte müssen das Privileg nutzen, unangenehme Fragen an die Herrschenden zu stellen."

Dabei sei Ökonomisierung nicht per se schlecht, sondern eine Frage der Zielsetzung: Rendite oder das Wohl der Patienten nach fachlichen und ethischen Prinzipien? Heute pumpen Investoren Geld ins Gesundheitssystem, um später eine Rendite abzuschöpfen. "Gesundheit wird dabei zur Ware, Patienten werden zu Kunden, Ärzte zu Dienstleistern, in Wirklichkeit sogar zu Handlangern", analysierte Unschuld die aktuelle Entwicklung. Ärzte werden entmündigt und sind nicht mehr Herr über medizinisches Wissen. Der Medizinhistoriker erläuterte das: "Grundlagenwissen kommt heute aus der Molekularbiologie, angewandtes Wissen für Therapie und Diagnostik aus der pharmazeutischen und medizinisch-technischen Industrie. Zudem bestimmen Investoren, Krankenkassen und Kaufmännische Direktoren, wie das Wissen anzuwenden ist." Hier spiele auch die Entwicklung der elektronischen Krankenakte mit Hilfe der elektronischen Gesundheitskarte eine zentrale Rolle.

"Freiberuflichkeit nicht gegeben"

Auch FÄ-Vorsitzender Wieland Dietrich betonte, Patienten und Ärzte müssten sich aus dem Würgegriff der Kommerzialisierung des Gesundheitswesens und ökonomischer Fremdbestimmung befreien. Er sieht die unabhängige ärztliche Berufsausübung in der vertragsärztlichen Versorgung erheblich beeinträchtigt: Niederlassungsbeschränkungen, Budgetierung, Arzneimittelregresse und die Infragestellung der Schweigepflicht widersprächen den Merkmalen eines freien Berufes. "Die Freiberuflichkeit des Vertragsarztes - umgangssprachlich Kassenarzt genannt - ist de facto nicht gegeben", stellt der Essener Hautarzt fest.

Ein schwerwiegendes Problem für Vertragsärzte sei zudem das Honorarsystem. "Andere freie Berufe können in der Regel Preise frei gestalten oder sie haben eine Gebührenordnung - in jedem Fall ist grundsätzlich eine Berechnung nach Aufwand möglich. Vertragsärzte aber haben weder das eine noch das andere - als einzige Berufsgruppe arbeiten sie nach einer Punktewährung und kennen erst Monate nach der Leistung das tatsächliche Honorar", erläuterte Dietrich. (Den gesamten Vortrag von Wieland Dietrich finden Sie unter www.freie-aerzteschaft.de)

Therapiefreiheit entscheidend für intakte Arzt-Patienten-Beziehung

Die Freiheit des Arztberufes, besonders die Therapiefreiheit, sei entscheidend für eine intakte Arzt-Patienten-Beziehung, betonte die Freie Ärzteschaft anschließend in einer Abschlussresolution ihrer Mitgliederversammlung. Deshalb wird sie sich auch 2014 einsetzen für:

   - die Wiederherstellung der ärztlichen Freiberuflichkeit und 
     Therapiefreiheit
   - feste und dem Behandlungsaufwand angemessene Honorare in einem 
     direkten Vertragsverhältnis zum Patienten
   - eine wirtschaftliche Grundlage freier Arztpraxen, die ärztliche 
     Unabhängigkeit gewährleistet
   - den Schutz der Patientendaten und den Stopp der elektronischen 
     Gesundheitskarte

Über die Freie Ärzteschaft e. V.

Die Freie Ärzteschaft e. V. (FÄ) ist ein Verband, der den Arztberuf als freien Beruf vertritt. Er wurde 2004 gegründet und zählt heute mehr als 2.000 Mitglieder: vorwiegend niedergelassene Haus- und Fachärzte sowie verschiedene Ärztenetze. Vorsitzender des Bundesverbandes ist Wieland Dietrich, Dermatologe in Essen. Ziel der FÄ ist eine unabhängige Medizin, bei der Patient und Arzt im Mittelpunkt stehen und die ärztliche Schweigepflicht gewahrt bleibt.

Pressekontakt:

Daniela Schmidt, Tel.: 0176 49963803,
E-Mail: presse@freie-aerzteschaft.de

V.i.S.d.P: Wieland Dietrich, Freie Ärzteschaft e.V., Vorsitzender,
Gervinusstraße 10, 45144 Essen, Tel.: 0201 4690939, E-Mail:
mail@freie-aerzteschaft.de, www.freie-aerzteschaft.de

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