Ärztetag von unten: Deutschland gehen die Ärzte aus
Berlin (ots)
Die medizinische Versorgung der Bevölkerung steht vor einer großen Krise: "Der Ärztemangel nimmt immer mehr zu, so dass die wohnortnahe Versorgung schon bald nicht mehr gesichert sein wird", warnten die Teilnehmer des "Ärztetages von unten", der am 9. April 2005 in Berlin zum ersten Mal stattfand.
"Immer mehr niedergelassene Ärzte gehen pleite. Junge Ärzte dagegen nehmen das Risiko einer Praxisübernahme erst gar nicht auf sich - kaum jemand will 70 Stunden pro Woche bei inakzeptablen Rahmenbedingungen arbeiten", sagte der Organisator des "Ärztetages von unten" und Sprecher der Organisation Freie Ärzteschaft, der Volkswirt Franz-Josef Müller. Schon jetzt gebe es auf dem Land große Versorgungslücken - Tendenz steigend. In den letzten drei Jahren hätten bereits Tausende Ärzte Deutschland verlassen, viele andere steigen ganz aus dem Beruf aus.
Dass dies nicht nur ein Blick in die Zukunft ist, sondern bereits heute Realität, veranschaulicht auch einer der Teilnehmer: Der Allgemeinmediziner versucht seit einiger Zeit vergebens seinen Kassenarztsitz in Westfalen-Lippe abzugeben. Auf seine Anzeige im Ärzteblatt: "Kassenarztsitz kostenlos abzugeben" erhielt er keine Reaktion.
Der Präsident des Berliner Verfassungsgerichtshofs, Prof. Dr. Helge Sodan, hält das deutsche Sozialrecht für eine wesentliche Ursache des Ärztemangels: "Die deutschen Vertragsärzte sehen sich seit langem in ihrer Berufsfreiheit bedroht. Immer neue GKV-Kostendämpfungsgesetzte haben über die Jahre zu immer stärkeren Reglementierungen ärztlicher Tätigkeit geführt."
Große Sorgen macht den Ärzten auch die geplante elektronische Gesundheitskarte: "Als 'gläserner Patient' wird der Bürger dem staatlichem Zugriff hilflos ausgeliefert sein", prophezeite Müller. "Müssen wirklich erst die elektronischen Krankenakten von Ministern bei ihrem Weg durch das Internet von 15-Jährigen entschlüsselt werden, damit die Verantwortlichen den Ernst der Lage begreifen?"
Auch der Diplom-Informatiker Thomas Maus vom Chaos Computer Club warnte in Berlin, dass "Hacker" ganz leicht die Daten der Patienten anzapfen könnten. Bei einem Modellprojekt zur elektronischen Gesundheitskarte habe er erst kürzlich gravierende Sicherheitslücken entdeckt, berichtete Maus. Für Unternehmen bedeute die Karte hingegen Milliardenumsätze und Absatzmonopole, ergänzte Müller.
Der "Ärztetag von unten" ist eine Aktion von Ärzten, die sich im Leserforum des Online-Magazins Facharzt.de zusammengefunden und organisiert haben. Ihr Ziel ist es, die Öffentlichkeit bundesweit auf die drängenden Probleme in der medizinischen Versorgung aufmerksam zu machen und Lösungsansätze zu bieten.
Pressekontakt:
Franz-Josef Müller
Hochstr. 28
55218 Ingelheim
Tel: 06132/7135962
Mobil: 0173/7911089
Mail: info@freie-aerzteschaft.de
Original-Content von: Freie Ärzteschaft e.V., übermittelt durch news aktuell