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Noerr Litigation Konferenz: Medienrechtler Martin Diesbach mahnt Vorsicht beim Einsatz von Litigation-PR an
München (ots)
Litigation-PR ist weiter auf dem Vormarsch: In immer mehr Verfahren setzen PR-Berater und Anwälte auf prozessbegleitende Öffentlichkeitsarbeit. Experten warnen jedoch vor dem unreflektierten Einsatz dieses Instruments: "Litigation-PR ist oft sinnvoll. Aber: Wer Litigation-PR betreibt, verlässt den 'geschützten Raum' des Prozesses", sagt Dr. Martin Diesbach, Partner und Medienrechtler bei der internationalen Kanzlei Noerr, und kritisiert die häufig mangelnde Berücksichtigung der juristischen Aspekte der Litigation-PR.
Diesbach sprach jetzt sowohl auf der Noerr Litigation Konferenz, einem internationalen Expertentreffen unter Leitung von Noerr-Partner Michael Molitoris, als auch beim "Crisis Club", einer Veranstaltung zur Krisenkommunikation der internationalen Kommunikationsagentur Burson Marsteller in München. Er warnte: "Öffentlich getätigte Aussagen, die vermeintlich die Reputation des Mandanten wiederherstellen sollen, können diesem im Prozess sogar schaden. Wir erleben in einer zunehmenden Anzahl von Verfahren handwerkliche Fehler beim Einsatz von Litigation-PR."
Kanzleien oder Agenturen, die im Rahmen von Prozessen Pressemeldungen herausgeben oder Gespräche mit Journalisten arrangieren, bezwecken damit oft den Schutz des Rufes ihrer Mandanten und eine Beeinflussung des Prozessausganges in ihrem Sinne. Andere wollen potentielle Kläger dazu ermutigen, ebenfalls Klage zu erheben, indem sie Informationen veröffentlichen, die für die Gegenseite nachteilig sind. Dass die unüberlegte Veröffentlichung von Tatsachenbehauptungen den Prozessverlauf nicht nur zum Vorteil ihres Mandanten, sondern auch zu dessen Nachteil beeinflussen kann, bedenken Initiatoren von Litigation-PR jedoch zu häufig nicht.
Der Unterschied zwischen Tatsachenbehauptungen, die allein im Prozess getätigt werden, und öffentlichen Aussagen ist gravierend: "Prozessaussagen können nicht in einem weiteren Gerichtsverfahren angegriffen werden, sie sind privilegiert. Insofern ist der Prozess auch ein 'geschützter Raum'", sagte Diesbach. Im Rahmen einer Pressemitteilung können sie aber zu Gegenmaßnahmen des Gegners führen. "Gegen diese Aussagen kann er nämlich einen zweiten Prozess anstrengen. Über Wahrheit oder Unwahrheit einer Behauptung wird dann auch in diesem Prozess entschieden", so Diesbach. Wer sich gegen Maßnahmen der Litigation-PR juristisch wehrt, kann auf diese Weise einen strategischen Vorteil erlangen, der im ersten Prozess von Nutzen sein mag.
"Dies ist keine graue Theorie", berichtete Diesbach. Denn eine weitere unangenehme Folge von öffentlichen Darstellungen ist die mögliche Verpflichtung zu einer Gegen-darstellung. "Erst kürzlich haben wir durchgesetzt, dass eine gegnerische Kanzlei eine Gegendarstellung besonders öffentlichkeitswirksam auf dem eigenen Twitter-Account und der eigenen Website veröffentlichen musste", sagte Diesbach.
"Litigation-PR ist zwar längst kein Modethema mehr, wird aber nach unserer Beobachtung in der Praxis häufig noch nicht in der für die optimale Wahrnehmung der Mandanteninteressen notwendigen Professionalität betrieben", so das Fazit von Diesbach. Größtes Problem sei dabei die mangelnde Berücksichtigung der juristischen Aspekte für den Fortgang des Gerichtsverfahrens, im Vordergrund stünden meist reine Kommunikationsgesichtspunkte. "Das bloße Ziel, etwa eine ausgewogene Berichterstattung in den Medien zu erreichen, ist aber für strategisch angelegte Litigation-PR zu wenig", sagte Diesbach. "Wer auf dem Schiff der Litigation-PR gegen den Gegner segelt, sollte wissen: Dieser Gegner kann das Schiff entern."
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