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Westfalenpost: In Windeseile

Hagen (ots)

Jung weg, Kabinett umgebildet
Von Winfried Dolderer
Das ging nun viel schneller, als man nach aller Erfahrung erwarten 
durfte, und zwar beides: der Rücktritt des angeschlagenen Ministers 
Jung und der kleine Kabinettsumbau, mit dem die Kanzlerin in 
Windeseile Ersatz geschaffen hat. Schadensbegrenzung durch 
Entschlusskraft, so darf man das wohl verstehen.
 Es ist ja für eine Regierung, die nach vorherrschender Meinung 
ohnehin nicht den elegantesten Start hingelegt hat, keine Empfehlung,
wenn schon nach vier Wochen der erste aus dem Kabinett kippt. Jetzt 
hat die gewiefte Machtexpertin aus dem drohenden Schaden den 
größtmöglichen Vorteil gezogen. Sie ist eines Kabinettskollegen 
ledig, der zwar stets loyal, aber auch glanz- und glücklos war und 
auf die Dauer zur Belastung hätte werden können.
 Sie hat dem Publikumsliebling aus der Unions-Riege im vorigen 
Kabinett einen Wunsch erfüllen können, Frau von der Leyen, von der 
man schon während der Koalitionsverhandlungen wusste, dass sie sich 
dem Familienressort entwachsen fühlte und nach einer neuen Aufgabe 
sehnte. Und sie hat damit die Interessen der Hessen-CDU zu 
vereinbaren gewusst, der der Gescheiterte entstammt, und die nunmehr 
eine frische Hoffnungsträgerin ins Familienministerium entsenden 
darf.
 Was Jung betrifft, auch er hat Geschichte gemacht, als der Minister 
mit der kürzesten Amtszeit seit Bestehen der Bundesrepublik.
 Es hätte anders kommen können unter dieser Kanzlerin, die rasche 
Entschlüsse eher meidet, Stabilität und Ruhe schätzt, weil sie weiß, 
dass auch die Bürger danach verlangen. Nach allen Erfahrungen aus 
ihrer ersten Amtszeit zieht sie Duldsamkeit gegenüber politischen 
Schwächen dem Risiko von Turbulenzen vor. Sie hat den öfters 
tolpatschig agierenden Verteidigungsminister Jung nie behelligt, und 
sie hat damals auch den nicht minder unbeholfen wirkenden 
Wirtschaftsminister Glos machen lassen, bis dieser selber die Lust 
verlor.
 Jetzt hat Jung als Arbeitsminister das Handtuch geworfen, weil er 
die politische Verantwortung übernimmt für Pannen, die es unter 
seiner Führung im Verteidigungsressort gegeben hat. Politische 
Verantwortung, das ist für einen Minister der klassische 
Rücktrittsgrund, ein zwingender indes keineswegs. Es hat Ressortchefs
gegeben, die angesichts unleugbarer persönlicher Belastung, wie sie 
Jung bislang nicht nachzuweisen ist, keinen Anlass zu Konsequenzen 
sahen, man denke an seinen fernen Vorgänger Wörner. Rücktritt oder 
nicht, das ist vor allem eine Frage persönlichen Stehvermögens.

Pressekontakt:

Westfalenpost
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Telefon: 02331/9174160

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