Westfalenpost: Kampf der Ödnis - oder: Urbanität hat ihren Preis Von Torsten Berninghaus
Hagen (ots)
Der Vorstoß von NRW-Bauminister Michael Groschek, marode Immobilien abreißen zu lassen, um Platz für städtebauliche Entwicklung zu schaffen, ist gut und richtig. Allerdings berührt er die Grenzen der Enteignung - zumindest greift er tief ein in das Eigentumsrecht. Es geht um eine Güter-Abwägung. Wer sich auf die Suche begibt nach verwahrlosten Immobilien, wird nicht nur auf ehemaligen Industrieflächen am Rande der Großstädte fündig. Längst hat der demografische Wandel die Dorflagen erreicht, wo aufgegebene Häuser dem Verfall preisgegeben wurden. Selbst in Innenstadtlagen finden sich Immobilien, deren Verkehrswert die Abrisskosten übersteigen. Diesen Schandflecken soll es nun an den Kragen gehen. Nach dem Motto "Eigentum verpflichtet" will Groschek Hausbesitzer an Abrisskosten beteiligen. Das hört sich gut an. Ob es tatsächlich zu Einnahmen führt, bleibt abzuwarten. Denn ein Sanierungsstau hat häufig mit der finanziellen Situation des Eigentümers zu tun. Wichtiger als die vage Aussicht, einen Hausbesitzer zur Kasse zu bitten, sind daher Instrumente, die eine systematische Stadtentwicklung ermöglichen. Jede Schrottimmobilie, die eine Baulücke und damit die Neunutzung eines Grundstücks blockiert, fördert den Flächenverbrauch und Zersiedelung.</p><p/><p>Was wir statt dessen brauchen, ist die Wiederentdeckung der sozialen, ökonomischen und ästhetischen Wirkung unserer Städte und Dörfer. Die Umnutzung verkommener Strukturen folgt insofern einem großen Ziel: Sie bekämpft die Ödnis und fördert Urbanität. Und dafür muss sich der Einzelne in die Pflicht nehmen lassen.
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