Westfalenpost: Menschen brauchen Ruhepunkte Das Fest, der Bundespräsident, die Arbeit
Hagen (ots)
Von Bodo Zapp
Die Nachricht vom Verkauf "ihres" Betriebes an einen indischen Konzern stimmt viele Menschen nachdenklich. Was bringt mir die Zukunft, wie sicher ist mein Arbeitsplatz? Weihnachten ist nicht frei von Sorgen und Existenznöten, auch wenn im Fall der Hagener Traditionsschmiede von kühler Geschäftemacherei zu Lasten der Beschäftigten keine Rede sein kann. Arbeitsplätze sollen gesichert, die Wettbewerbsfähigkeit soll durch den Wechsel der Mehrheitsanteile nach Asien gestärkt werden, heißt es. Firmenchef Harald Korte, Noch-Präsident der Südwestfalischen Industrie- und Handelskammer, gehört nicht zu denjenigen, denen persönlicher Vorteil über alles geht. Wie anderen Mittelständlern, die sich wegen der Markt- und Globalisierungszwänge zur Anlehnung an Konzerne und großes Kapital gewungen sehen, ist ihm der Verkauf nicht leicht gefallen. Ein Verbleib der Alt-Eigentümer in Führungspositionen soll Sicherheit geben und Kontinuität gewähren. Und doch: Es ist ein Unterschied, ob Entscheidungen an der Volme oder in Bombay fallen! Die enge Beziehung von Eigentümern und Mitarbeitern, Verantwortungsbewußtsein für das Gemeinwohl: Das war und ist die besondere Stärke des heimischen Mittelstandes. Die Menschen haben das verlässliche Miteinander stets als Fixpunkt in einer unübersichtlicher und auch kälter gewordenen Arbeitswelt empfunden. Kapitalspritzen, zunehmend aus dem Ausland, können im Einzelfall ein Segen sein. Vor allem, wenn es sich um institutionelle Anleger handelt, die nicht nur auf das schnelle Geld aus sind. Aber: Wer die Musik bezahlt, bestimmt auch, was gespielt wird! Ängste, Opfer einer Beteiligungs- und Gewinnspirale zu werden, sind verständlich. Und berechtigt, wie leidvolle Beispiele zeigen. Internationale Analysten, die nie einen Industriebetrieb von innen gesehen haben, bestimmen über Aufstieg und Fall, über Wohl und Wehe. Selbst machtvoll scheinende Manager werden zu Getriebenen der Milliarden-Jongleure, Finanzinvestoren sind die Gewinn-Herren. Schwindelig machende Verdienste ganz oben sehen die Gewinn Erarbeitenden mit Unverständnis und Unbehagen: Wo bleibe ich, wo ist Halt? Der Mensch braucht Ruhepunkte. Und findet immer weniger. Der Bundespräsident ist solch ein Ruhepunkt. Auch weil er gelegentlich als politischer Unruhestifter den Parteien nicht zu Munde redet. Da ist einer, der sagt, was er für richtig und wichtig hält, ohne Rücksicht auf Empfindlichkeiten von Regierungs-Amtsinhabern. Das tut gut, das ist eines Präsidenten würdig. Mit seiner Weihnachtsansprache legt Horst Köhler die Finger auf die richtigen Stellen. Arbeit für die Menschen schaffen, das bleibe die wichtigste Aufgabe. Mit aufrichtiger Politik müssten die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zukunft geschaffen werden. Junge Menschen müssen mehr Chancen bekommen, der Erfahrungschutz der Älteren solle mehr genutzt werden - hinter diesen Sätzen steckt keine politische Brisanz, aber wohltuender Sinn für das Wesentliche. "Ich wünsche mir, dass unsere Gesellschaft entschieden "Ja" zu Kindern sagt": Danke, Herr Präsident! Ruhepunkte braucht der Mensch, nicht nur zur Weihnachtszeit. Dazu sollte auch künftig ein Luftholen am Sonntag gehören. Dazu gehört die vorübergehend als ach so unmodern eingestufte Familie, die doch trotz allem der Kern des Zusammenlebens und Zusammenhalts bleibt. Gerade in einer Welt, in der alte Sicherheiten verloren gehen. Ruhepunkt - das ist auch der Gottesdienst an den Feiertagen. Volle Kirchen zum Fest, warum wohl? Es ist nicht nur Tradition. Ruhepunkt - das ist für viele deutsche Soldaten die Heimat in der Ferne. Das kann zu Hause die entspannende Fernsehsenduhg sein, in der ausnahmsweise nicht geschossen und gemordet wird. Ruhepunkt - das war das große Wir-Gefühl, die Freude und Freundlichkeit während der Fußball-Weltmeisterschaft. Etwas davon sollte erhalten bleiben. Wir wünschen Ihnen ein ruhiges, erholsames, friedliches Weihnachtsfest!
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