Bundesnetzwerk Bürgerliches Engagement (BBE): Altenhilfe vor dramatischen Herausforderungen
Zukunft ohne bürgerschaftliches Engagement nicht denkbar
Berlin (ots)
Vor dem Hintergrund der dramatischen demografischen Entwicklung gewinnen bürgerschaftliche Initiativen zur Unterstützung der Pflege und Betreuung im Alter immer größere Bedeutung. Trotz begrenzter finanzieller Möglichkeiten steigt der Bedarf an zeitlichen Ressourcen in der Altenhilfe und Pflege ständig. Erfolge und Visionen aus sieben verschiedenen Projekten stellte das Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE) nun in der Malteser Kommende Ehreshoven vor. Als Mitglieder des BBE haben der Deutsche Caritasverband e.V., der Arbeiter-Samariter-Bund e.V. (ASB), der Malteser Hilfsdienst e. V. sowie das Sozialministerium Baden-Württemberg die Veranstaltung ausgerichtet.
Teilnehmer waren haupt- und ehrenamtliche Fachleute aus Verbänden und Einrichtungen, von Trägern und Kommunen. Projektleiter und Teilnehmer beschrieben auch die Probleme welche, sie täglich in ihrem Engagement beeinträchtigen. "Das Vertrauen der Kommunalpolitik in bürgerschaftliches Engagement fehlt leider vielerorts", meint Josef Martin von der Seniorengenossenschaft Riedlingen. "Das muss sich ändern!". Vor allem auf der kommunalen Ebene seien Anerkennung und Förderung durch Politiker und Verwaltung für die weitere Entwicklung des bürgerschaftlichen Engagements unverzichtbar.
Die Veranstalter griffen unter anderem die Ergebnisse des Modellprogramms "Altenhilfestrukturen der Zukunft" auf. Die von Renate Schmidt, Bundesminsterin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, geforderte Kooperation und Vernetzung von Gesundheitshilfe und Altenpflege sowie die neue Kultur des Helfens, erfüllen alle in Ehreshoven vorgestellten Projekte. Ebenso berücksichtigen Sie die Grundsätze der Integration und Partzipation der Ehrenamtlichen.
Ein strittiges Thema ist stets die finanzielle Förderung. Mittel aus dem Pflegeleistungsergänzungsgesetz stehen heute insbesondere für die ambulante Hospizarbeit und niedrigschwellige Betreuungsangebote für Demenzerkrankte zur Verfügung. "Die bürokratischen Hürden, diese Fördermittel bewilligt zu bekommen, sind allerdings viel zu hoch", betonte Katrin Puschmann vom ASB Ostbrandenburg. "Ein Jahr haben wir uns mit den Verwaltungen gestritten, ehe wir die Mittel bewilligt bekamen." Anne Helmer, Referentin für Altenhilfe beim Deutschen Caritasverband e. V., kennt das Problem: "Bis heute gibt es in einigen Bundesländern noch nicht einmal die im Gesetz geforderten Rechtsverordnungen, wie mit den Förderanträgen umzugehen ist. Hier besteht dringender Handlungsbedarf!"
Dabei werden die Möglichkeiten dieser Förderung häufig unterschätzt. "Es macht Sinn, die Idee dieser 'geschützten Budgets' auch in andern Engagementfeldern gesetzlich zu verankern", erläuterte Dr. Johannes Warmbrunn vom Sozialministerium Baden-Württemberg. Für funktionierende Freiwilligenarbeit ist ein hauptamtlicher Koordinator auf der kommunalen Ebene unverzichtbar. Die Ressourcen hierfür müssen von der Politik bereitgestellt werden, andernfalls kann die Saat des bürgerschaftlichen Engagements nicht aufgehen, waren sich alle Teilnehmer einig.
Rupert Graf Strachwitz, Leiter des Maecenata-Instituts, Berlin, stellte fest: "Bürgerschaftliches Engagement kann bezahlte Arbeit nicht ersetzen. Vielmehr eröffnet es ganz neue Quellen und Möglichkeiten zur Erweiterung der Lebensqulität." Engagement sei kein Lückenbüßer für fehlende oder gar Verdränger hauptberuflicher Mitarbeiter. "Gemeinsam mit Ehrenamt kann es den entgeltlich in der Pflege Tätigen gelingen, eine weitere Qualitätssteigerung ihres Angebots zu erreichen", erläuterte Werner Müller vom Malteser Hilfsdienst e. V. An die beruflich in der Pflege Tätigen werden künftig ganz neue Anforderungen gestellt werden. Ihre Aufgabe wird es sein, sich auf Augenhöhe mit den Ehrenamtlichen zu verständigen, sie als Partner zu akzeptieren und zu integrieren. Hierzu bedarf es der ausdrücklichen Beachtung der Möglichkeiten bürgerschaftlichen Engagements bereits in der Berufsausbildung.
Insgesamt bedarf es einer verstärkten gesamtgesellschaftlichen Anerkennung freiwilligen Engagements, der erforderlichen Fort- und Weiterbildung der Ehrenamtlichen. Nur so kann sich professionelles Arbeiten auch in ehrenamtlichen Strukturen weiterentwickeln.
Hinweis für die Redaktionen:
Als Interviewpartner stehen Ihnen zur Verfügung:
Werner Müller, Malteser Hilfsdienst e. V. Sprecher der BBE-Projektgruppe 7 "Sozialstaat und BE" (0170) 5609892
Dr. Johannes Warmbrunn, Sozialministerium Baden-Württemberg (0711) 123-3658
Michael Stricker, Arbeiter-Samariter-Bund e. V. (02054) 872732
Weitere Zitate der Projektleiter:
- Ehrenamtliches Engagement kann gerade in der Stadtteilarbeit eine wertvolle Ergänzung der vorhandenen Angebote darstellen. "Unsere Netzwerke verstehen sich als 'Sparkassen für Soziales Kapital'", erläutert Marita Willwer von den Düsseldorfer Netzwerken.
- Hellmut Steffens, Mentor im Augsburger Projekt 'Change in': "In unserem Projekt mit Jugendlichen in der Altenhilfe wollten 30% der Jugendlichen sofort weitermachen, 60% schlossen ein späteres Engagement zumindest nicht aus. Es kann niemand behaupten, dass es zu wenig Engagierte gäbe."
- Noch deutlicher wird Johannes Kochanek, Heimleiter des Reginenhauses in Hamm-Rhynern: "In unserer Einrichtung sind 150 Ehrenamtliche in den verschiedensten Bereichen aktiv und geben dem Haus das besondere Etwas."
- Und Gabriele Beck von der Leitstelle für Ältere in Ostfildern ergänzt: "Die besondere Qualität eines Besuchsdienstes liegt in der Freiwilligkeit und der Kunst, die richtigen Menschen zusammenzuführen."
- Dies unterstreicht auch Graf Strachwitz ausdrücklich: "Die Freiheit des Freiwilligendienstes sollte keinesfalls zugrunsten eines Pflichtdienstes, wie er vor dem Hintergrund des wegfallenden Zivildienstes immer wieder diskutiert wird, geopfert werden!"
- Beate Weber von der Malteser Trägergesellschaft stellte den Umgang mit Dementen aus Sicht der betroffenen Angehörigen dar. "Unser Hausarzte sagte, Mutti werde einfach alt. Wenn Sie nun ein wenig 'tüddelig' wird, sei das nicht gleich Alzheimer. Erst die haupt- und ehrenamtlichen Angebote des Café Malta, einer Einrichtung der Malteser in Drensteinfurt, geben uns jetzt in dieser schwierigen Zeit Hilfe und Unterstützung."
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