Neues Deutschland: zum Ausgang des Verfassungsreferendums in Venezuela
Berlin (ots)
Aus Niederlagen Siege zu machen, ist Hugo Chávez nicht fremd. Sein gescheiterter Putschversuch 1992 brachte ihm zwei Jahre Gefängnis, dank einer als Kapitulationsbedingung ausgehandelten Fernsehansprache jedoch viel Popularität. Sie bildete die Grundlage seines rasanten Aufstiegs zum Präsidenten 1998 - zusammen mit dem Konkurs der korrumpierten und diskreditierten politischen Klasse. Ein Aufstieg, der von Anfang an von der Oligarchie mit Argusaugen verfolgt und dann mit offener Obstruktion bekämpft wurde - nicht selten undemokratisch wie beim Putsch im April 2002 und beim Lahmlegen der Ölindustrie von oben zur Jahreswende 2002/2003. Aus all diesen Anfechtungen ging Chávez gestärkt hervor. Nun hat er erstmals an den Wahlurnen verloren. Nur: Das ist kein Sieg der nach wie vor diskreditierten Opposition, sondern Ausdruck eines gewachsenen politischen Selbstbewusstseins der venezolanischen Bevölkerung. Auch vielen Chávez wohlgesonnenen Zeitgenossen war diese Verfassungsreform ein Schritt zuviel in Richtung allmächtiger Präsident. Dass die Bevölkerung den Prozess der bolivarianischen Revolution korrigiert hat, könnte sich als eine heilsame Niederlage entpuppen. Denn so breit wie die Verfassung von 1999 war die Reform längst nicht mehr diskutiert worden. Ein Warnzeichen für ein emanzipatorisches Projekt, aus dem Chávez nun hoffentlich Lehren ziehen wird.
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