Neues Deutschland: Ohnmächtig - Kommentar zu NSU, Gedenken und Aufklärung
Berlin (ots)
Die Kanzlerin wird nicht müde, Aufklärung über die Verbrechen, Hintergründe und Hintermänner des NSU-Mördertrios zu versprechen. Doch in diversen Untersuchungsausschüssen schieben Politiker, Verfassungsschützer und Mitarbeiter diverser anderer Dienste und Ämter seit Monaten die Verantwortung hin und her - emsig um das eigene berufliche oder politische »Überleben« bemüht. Und die Angehörigen der Opfer, die Schlamperei, Inkompetenz, mangelnde Sensibilität oder absichtliches Weggucken tatsächlich mit ihrem Leben bezahlt haben, verlieren Tag um Tag ein bisschen mehr Vertrauen - in den Rechtsstaat, die Demokratie und die Gerechtigkeit. Trotz Gedenkstein und Platzumbenennung in Dortmund und Kassel, so überfällig wenigstens diese posthume Ehrung ist, sind sie letztlich allein mit ihrem Schmerz, ohnmächtig den langsam mahlenden Mühlen ausgesetzt, verhöhnt durch immer neue ans Licht kommende »Pannen« - und vor allem ohne Aussicht, dass derlei mörderische Umtriebe nicht wieder passieren.
Sie passieren schließlich beinahe alle Tage. Nachrichten über Überfälle auf Andersaussehende und Andersdenkende haben keinen Seltenheitswert. Hier die zerbrochenen Scheiben eines Abgeordnetenbüros, dort eine geschändete Gedenkstätte; mal sind Asylbewerber, mal KZ-Überlebende Zielscheiben für Neonazis. Und sage keiner, dass die sich nicht durch die Art, wie in der Bundesrepublik rassistische Verbrechen »aufgeklärt« oder ganz und gar Verbote in den Sand gesetzt werden, geradezu ermuntert fühlen können.
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