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Mittelbayerische Zeitung: Kommentar/Leitartikel zur Vergabe der Medienrechte für die Fußball-Bundesliga: Drahtseilakt mit Bällen

Regensburg (ots)

Gottlob hat auch im Fußball der Tag nur 24 Stunden. Andernfalls würden einige europäische Top-Ligen sehr wahrscheinlich Partien um 25.15 Uhr ansetzen, um ihren Profit über die lukrative TV-Vermarktung weiter zu mehren. Auch der Bundesliga ist ja der Trend hin zum Kaugummi-Spieltag nicht fremd. Im deutschen Oberhaus wird von Freitag bis Sonntag gekickt, eine Klasse tiefer gar von Freitag bis Montag. Am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag gibt's Europokal, dazwischen den DFB-Pokal oder wahlweise als Einsprengsel mal eine englische Woche in der Liga. Von den Testländerspielen und großen Turnieren ganz zu schweigen. Fußball satt also. Und Grenzen des Wachstums sind nicht in Sicht. Der Boom birgt Verlockungen. Aber die für die Profiklubs zuständige Deutsche Fußball-Liga (DFL) hat der Versuchung widerstanden, ihre Karten im gigantischen Poker um die Fernsehrechte für die Jahre von 2013 bis 2017 zu überreizen. Sie hat in einem Geschäft, das wie kaum ein anderes zur Kurzlebigkeit neigt, Weitblick bewiesen, indem sie den Status quo auf dem umkämpften TV-Markt vorerst zementierte. Dass die Beletage des nationalen Fußballs dabei ihre Einnahmen auf 628 Millionen per annum und insgesamt 2,5 Milliarden Euro für vier Jahre steigert, zeigt das Alleinstellungsmerkmal ihres Produkts auf dem deutschen Sportmarkt. Ganz unbescheiden feiert die DFL den Reibach als einen "Quantensprung". Die so häufig beklagte Diskrepanz zum Goldesel der Szene, der englischen Premier League, schrumpft. Die Wettbewerbsfähigkeit der Bundesliga auf europäischer Ebene dürfte im Gegenzug wachsen. Nutznießer sind die Fans, aber auch die Sportart selbst. Die Entscheidung gestern in Frankfurt am Main zeugt von Augenmaß. Denn rein kaufmännisch betrachtet verhält es sich so: Die Nachfrage ist riesig, also verknappt man in der Regel das Angebot und verteuert es dadurch. Das wäre leicht möglich gewesen, indem die DFL die Spieltage terminlich weiter zerfasert und gleichzeitig so viel Fußball wie möglich aus dem frei empfangbaren ins Bezahlfernsehen manövriert. Diesen Drahtseilakt mit Bällen - Absturzgefahr jederzeit inbegriffen - hat sich der Profifußball lieber erspart und es bei einem sachten Ausbau der neuen digitalen Angebote belassen. Dass nun Institutionen wie die ARD-"Sportschau" und das ZDF-"Sportstudio" ungeschoren bleiben, ist ein weiser Schritt. Fußball lebt auch von der breiten öffentlichen Wahrnehmung sowie der Begeisterung der Kinder und Jugendlichen. Zudem ist der Pay-TV-Markt in Deutschland weitaus komplizierter als in vielen anderen europäischen Staaten. Und auch potente Sponsoren können nur wenig Interesse daran haben, dass ihre sündteuer bezahlten Logos nur noch in exklusiven Kreisen zu sehen sind. Als warnendes Beispiel, das Rad auf dem milliardenschweren TV-Rechtemarkt nicht endgültig zu überdrehen, mag die schon in der Wortwahl grotesk fehlkonstruierte Europa League dienen. Der Wettbewerb, der den attraktiven Uefa-Cup ablöste, erweist sich als Ladenhüter und droht in Deutschland ins mediale Abseits zu geraten. Sender, die sich die Europa League leisten könnten, winken ab. Zu teuer, zu quotenschwach, sportlich fragwürdig und als Konstrukt allzu offensichtlich auf die Gewinnmaximierung der Klubs ausgerichtet, so lauten die vernichtenden Urteile. Der Fan hierzulande hat eben auch ein feines Gespür dafür, wenn ihm lediglich das Geld aus der Tasche gezogen werden soll. Und es gibt sogar einige Menschen, die führen noch das altmodische Wort Volkssport im Mund. Autor: Heinz Gläser

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