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Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zur NSA
"Das Lauschen geht weiter"

Regensburg (ots)

Auf dem Höhepunkt der gigantischen Ausspähaktionen des US-Geheimdienstes NSA entfuhr Angela Merkel: Freunde auszuspionieren, "das geht dar nicht". Dass auch Handys der Kanzlerin abgehört wurden, erfuhr die Öffentlichkeit freilich erst ein paar Monate nach den ersten Enthüllungen, die vor rund einem Jahr von Edward Snowden in Gang gesetzt wurden. Seitdem schwappen immer neue Ausspäh-Details in die internationale Öffentlichkeit. Die anfängliche Entrüstung über die Datensammelwut ist inzwischen jedoch angestrengter Geschäftigkeit gewichen. Das NSA-Thema ist zu einem unter vielen geworden - und hat damit seinen Schrecken weitgehend eingebüßt. Dabei geht das große Lauschen ungeniert weiter. Die Aufregung darüber findet jedoch vor allem noch in der Internet-Gemeinde statt, die sich mit dem Ausspähen auf allen möglichen Kanälen der digitalen Kommunikation partout - und völlig zu Recht - nicht abfinden will. Ein Jahr nach den ersten Veröffentlichungen von vertraulichen Geheimdienst-Dokumenten ist die Bilanz der "Aufarbeitung" des NSA-Skandals allerdings auch äußerst dürftig. Die US-Administration gibt sich weiterhin verschlossener als jede Auster. Mit dem Hinweis, man brauche schließlich die weltweiten Datensätze, um gegen Terroristen vorgehen zu können, bekamen die NSA und andere US-Dienste gewissermaßen den regierungsamtlichen Persilschein für weitere, noch perfektere Schnüffeleien im weltweiten Datennetz. Die rührenden Versuche deutscher Minister, in Washington genaueres über die Schnüffelaktionen gegen Merkel sowie die Müllers, Meiers und Lehmanns in Deutschland zu erfahren, verliefen samt und sonders im Sande. Die Ministerbesuche von Hans-Peter Friedrich und zuletzt Thomas de Maizière in den USA gerieten zu Demütigungen. Die US-Behörden haben den Deutschen unmissverständlich klar gemacht, wer in dieser Sache Koch und wer Kellner ist. Von einem gegenseitigen Nicht-Spionage(No Spy)-Abkommen ist schon lange keine Rede mehr. Deutsche Anfragen an die US-Behörden wurden bis heute ignoriert. Auch weil es längst um andere brisante Probleme der Weltpolitik geht, von den Konflikten in Syrien, der Ukraine oder dem geplanten Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA, ist die unrühmliche NSA-Affäre längst in den Hintergrund gedrängt worden. Obendrein muss Berlin kleinlaut zugeben, dass nahezu alle wichtigen Tipps im Vorfeld von geplanten Terroranschlägen in Deutschland nicht von den eigenen Sicherheitsdiensten kamen, sondern von den transatlantischen Kollegen. Und ob und was überhaupt die Schlapphüte des deutschen Bundesnachrichtendienstes über die Lauschaktionen des befreundeten Dienstes wussten, liegt immer noch im Dunkel. Zwar bemüht sich der eigens eingerichtete Bundestags-Untersuchungsausschuss, Licht in die Sache zu bringen, doch dieses Gremium stößt auf enge Grenzen. Aus Staatsräson verweigert die Bundesregierung etwa dem im Moskauer Asyl sitzenden Edward Snowden freies Geleit nach Deutschland. Würde man den Ex-NSA-Mann einreisen und vor dem Ausschuss aussagen lassen, würde das in der Tat die Beziehung zu Washington enorm belasten. Die deutsche Justiz wiederum strotzt in Gestalt des Generalbundesanwalts Harald Range nicht gerade vor Tatendurst. Der oberste deutsche Strafverfolger will die Ermittlungen gegen die NSA nun sogar einstellen. Man kann das auch Feigheit vor dem Freund nennen.

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