Mittelbayerische Zeitung: Chance verpasst
Kommentar zum Weltfußballer des Jahres
Regensburg (ots)
Cristiano Ronaldo ist Weltfußballer 2014. Diese Entscheidung der Jury ist in Ordnung - mehr nicht. Der Portugiese hat im vergangenen Jahr oft sehr toll Fußball gespielt. Vor allem in der Champions League war er nicht zu stoppen. Ausgerechnet beim Saisonhöhepunkt, der Weltmeisterschaft, spielte Ronaldo aber überhaupt nicht gut - und deswegen hat die Jury in diesem Jahr eine Chance verpasst. Die Chance, mit der Wahl eines vermeintlichen Außenseiters darauf hinzuweisen, wie viele Facetten und wie viele Typen dieses Spiel hat. Seinen Dauerrivalen im Kampf um den Ballon d'Or, Lionel Messi, hat Ronaldo aufs gesamte Jahr gesehen in der Tat übertrumpft. Messi spielte zwar eine zumindest solide WM, blieb dafür aber im Klub viel zu oft unter seinen außergewöhnlichen Möglichkeiten. Die Juroren hätten deswegen heuer die mehr als verlockende Möglichkeit gehabt, weder Ronaldo noch Messi zu küren - sondern einen Torwart: Manuel Neuer. Neuer ist nicht nur ein ein sehr guter Sportler. Das sind spätestens bei den letzten drei der Wahl zum Weltfußballer ohnehin alle. Neuer tut mit seiner Liebe zu diesem Spiel aber auch der gesamten Fußball-Szene gut. Wenn er nach dem Einlaufen ins Stadion in seinen Kasten rennt, springt er oft wie ein Turner auf die Torlatte zu und klatscht diese euphorisch ab. Als ob er nach jahrelanger Einkerkerung erstmals wieder das Gefühl des freien Bewegens, der puren Lust am Spiel genießen darf. Der weltweiten Öffentlichkeit war er nun spätestens seit seinen vogelfreien Libero-Ausflügen im WM-Achtelfinale gegen Algerien ein Begriff. Die Jury hätte gut daran getan, die Gunst der Stunde zu nutzen, und heuer einen aus der zweiten Reihe auszuzeichnen. Sie hätte gut daran getan, wenn es einmal kein Stürmer, Mittelfeldstratege oder Abwehrchef geworden wäre, sondern ein Torwart. Der gehört zu diesem wunderbaren Spiel nämlich genauso dazu.
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