Greenpeace-Aktive demonstrieren am Reichstagsgebäude gegen Kohleausstiegsgesetz
Gesetzentwurf verzögert Kohleausstieg und widerspricht Pariser Klimazielen
Berlin (ots)
Die Inschrift "Dem Deutschen Volke" am Westportal des Reichstagsgebäudes haben zehn Aktivistinnen und Aktivisten von Greenpeace heute Morgen mit eine 16 mal 3 Meter großen Transparent um die Worte "eine Zukunft ohne Kohlekraft" erweitert. Sie demonstrieren damit für einen schnellen Kohleausstieg. Heute steht das Kohleausstiegsgesetz im Bundestag zur Abstimmung. "Die Bundesregierung schiebt dringend notwendige CO2-Einsparungen auf die lange Bank", sagt Karsten Smid, Klimaexperte von Greenpeace. "Dieses Gesetz ist ein Klimaverbrechen, das der Bundestag so nicht beschließen darf. Ein vollständiger Kohleausstieg bis 2030 ist dringend nötig, damit Deutschland klimapolitisch glaubwürdig wird."
Gesetz verteuert Beschleunigung des Kohleausstiegs
In seiner jetzigen Form sieht das Gesetz einen Kohleausstieg bis zum Jahr 2038 vor. Damit kann Deutschland seinen Beitrag zum Erreichen des 1,5-Grad-Ziels, das im UN-Klimaabkommen von Paris völkerrechtlich verbindlich vereinbart wurde, nicht erfüllen. Der derzeit vorgesehene Stilllegungspfad für Braunkohlekraftwerke, bei dem die Hälfte der Netzkapazität erst nach 2030 vom Netz geht, wird nach Berechnungen von Greenpeace zu zusätzlichen 180 bis 200 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß führen, verglichen mit einem kontinuierlichen Abschaltungsplan, wie ihn die Kohlekommission vorgeschlagen hatte.
Ob bis Ende 2020 überhaupt ein Kraftwerksblock vom Netz geht, ist offen. Sollten der Kohleausstieg doch noch nachträglich beschleunigt und Kraftwerke vorzeitig stillgelegt werden, kann das die deutschen Steuerzahlenden teuer kommen: Der öffentlich-rechtliche Vertrag zwischen Braunkohleunternehmen und Bundesregierung sichert diesen schon jetzt insgesamt 4,35 Milliarden Euro Entschädigung für Abschaltungen zu. Ein Vorziehen der geplanten Stilllegungen um drei Jahre auf 2035 bleibt zwar frei von weiteren Zahlungsansprüchen. Doch allein die absehbare Verschärfung der europäischen und der deutschen Klimaziele zur Anpassung an das Pariser Klimaabkommen wird einen deutlich früheren Kohleausstieg erfordern. In dem Fall könnte das zu zusätzlichen Forderungen nach Entschädigung aus der Braunkohleindustrie führen. "Das Gesetz und die Verträge knebeln zukünftige Regierungen und gehen zu Lasten kommender Generationen" so Smid.
Energiewirtschaftlich ist es längst nicht mehr rentabel, auf Kohlestrom zu setzen. Innerhalb der vergangenen zehn Jahre ist der Anteil der Erneuerbaren Energien am Stromverbrauch von 17 Prozent auf über 55 Prozent im ersten Halbjahr 2020 gewachsen, wie jüngste Daten des Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme zeigen. Ein Ausbau auf 100 Prozent in den kommenden zehn Jahren ist realistisch und wirtschaftlich lohnenswerter.
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