Ostsee-Zeitung: Kommentar zu Nordkorea
Rostock (ots)
In diesem Regime gelten nicht die Regeln rationaler Politik, sondern die Regeln der Mafia. Das ist mehr als nur eine Redensart. Die nordkoreanische Nomenklatur hat viel gemein mit der Cosa Nostra: Sie ist hierarchisch organisiert und intransparent, sie lebt von Ausbeutung, Erpressung und einer Verquickung aus legalen und illegalen Geschäften, sie trägt Streit intern aus und verfolgt Abtrünnige und Abweichler gnadenlos. Nach einem unbestätigten Bericht des südkoreanischen Webportals "Daily NK" wurden im Oktober mehrere Parteikader erschossen, weil sie südkoreanisches Fernsehen geschaut hatten. Der große Unterschied ist dieser: Die Mafia in Sizilien fordert den Staat heraus. In Nordkorea ist die Mafia der Staat. Es gibt Vermutungen, dass Jang Song Thaek für eine wirtschaftliche Öffnung nach chinesischem Vorbild eingetreten sei. Aber in Nordkorea gibt es keine Debatten. Unter den Bedingungen des organisierten Verbrechens führt jede Meinungsverschiedenheit zur Machtfrage, und die hat Kim Jong Un nun auf seine Weise beantwortet. Verbrecher an der Staatsspitze gibt es auch anderswo. Aber in Nordkorea stehen sie unter einem besonderen Druck: Die andere Hälfte Koreas hat sich von einer armen Diktatur zu einer reichen Demokratie entwickelt, während es im Norden an allem fehlt - an Nahrung, Energie, Industrie, Lebensfreude, Freiheit, Hoffnung. Für einen nordkoreanischen Gorbatschow ist es zu spät. Nordkorea ist ruiniert. Wenn China eines Tages den Stecker zieht, dann wird die Machtfrage erst wirklich gestellt. Es ist unwahrscheinlich, dass Kim Jong Un das überleben wird. Und verglichen mit dem, was Korea dann bewältigen muss, war die deutsche Wiedervereinigung ein Spaziergang.
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