Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Landtagswahl in Bayern
Bielefeld (ots)
Am Sonntag könnte eine einst uneinnehmbare politische Bastion fallen. Der CSU droht nach mehr als 40 Jahren Alleinregierung in Bayern der Verlust der absoluten Mehrheit. Ein Grund dafür ist nach dem erzwungenen Rücktritt von Edmund Stoiber als Ministerpräsident und CSU-Chef in dem neuen Führungsduo Erwin Huber und Günther Beckstein zu suchen. Sie haben es nicht geschafft, sich den CSU-Anhängern glaubhaft als politischen Neuanfang zu präsentieren. Wenig überzeugendes Krisenmanagement nach politischen Rückschlägen wie der Münchener Transrapid-Pleite und den Millionen-Verlusten der Bayerischen Landesbank trugen mit dazu bei, dass die CSU sich Umfragen zufolge mit 47 oder 48 Prozent unter dem gesteckten Ziel einer 50-Prozent-plus-x-Mehrheit wiederfindet. Bei einem Einzug von Grünen, FDP und Freien Wählern in den Landtag würde es mit 47 Prozent der Stimmen sehr eng mit dem Alleinführungsanspruch der christsozialen-Spitze. Nicht ohne Hintergedanken hat CSU-Vize Horst Seehofer seine Marke als Vertrauensbeweis für Beckstein und Huber auf 52-plus-x-Prozent gesetzt. Bei einem schwächeren Ergebnis würde er CSU-Chef Huber nur zu gern beerben. Ein Absturz der CSU von 60 auf unter 50 Prozent würde auch die Unionsspitze in Berlin aufschrecken. Ein überdurchschnittlich gutes CSU-Ergebnis ist Voraussetzung dafür, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Bundestagswahl 2009 wiedergewählt wird und mit dem Wunschpartner FDP eine Regierung bilden kann, die nicht »Mitte-Links« repräsentiert. Angela Merkel wird sich auch darauf einstellen müssen, dass ein geschwächtes CSU-Führungsduo nach einer Wahlpleite am kommenden Sonntag eine Mitschuld auch bei der CDU-Spitze und der Kanzlerin suchen wird, die nur halbherzig ihre massiven Steuerentlastungspläne unterstützt und in Bezug auf die Wiedereinführung der alten Pendlerpauschale hinhaltenden Widerstand geleistet habe. Auf Angela Merkel würde dann der Druck zunehmen, christdemokratische Akzente in der Berliner Regierungspolitik deutlicher als bisher zu setzen. Ob die Republik nach dem 28. September im Dauerwahlkampf bis zur Bundestagswahl in einem Jahr versinkt, wird auch vom Abschneiden der Bayern-SPD abhängen. Nach dem politischen Erdbeben in der SPD und dem Rückzug von Kurt Beck als Parteichef, ist der Parteitag am 18. Oktober eigentlich als Krönungsmesse für die neue Führungsspitze Frank-Walter Steinmeier und Franz Müntefering gedacht. Der leichte Aufwärtstrend nach dem Wechsel an der Parteispitze würde aber wieder in sich zusammenfallen, wenn die Genossen in Bayern erneut bei 19 oder 20 Prozent der Stimmen stranden und die Linke auch den Einzug in den Landtag schaffen sollte. Die von Franz Müntefering jetzt mühsam übertünchten Gegensätze zwischen der Flügeln der Partei würden zwangsläufig wieder aufbrechen und der Streit um die richtigen Rezepte für die SPD erneut aufflammen.
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