EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker im Gespräch mit dem ARD-Europastudio Brüssel: "Wir sind keine Festung"
Köln (ots)
Kommissionspräsident Jean Claude Juncker hat im Interview mit dem ARD-Europastudio Europas Verantwortung bei der Flüchtlingsfrage herausgestellt:
"Jeder in Europa müsste verstehen, dass wir die Flüchtlingsfrage nicht als kleinkarierte nationale Frage irgendwo an den inneren Grenzen der Europäischen Union ablegen können, so wie man einen Mantel an der Garderobe abhängt. Nein, nein, nein - das ist eine Frage, die Tag für Tag, Minute für Minute alle Europäer betrifft." Europa dürfe auch nicht "den Eindruck erwecken, als ob wir jetzt Europa zu einer Festung, zu einer Anti-Flüchtlings-Festung ausbauen möchten. Wir sind keine Festung. Wir müssen der Ort in der Welt sein, wo diejenigen, die verfolgt werden, aus diversen Gründen Zuflucht finden, wenn sie dann verfolgt werden."
Missachtung von EU-Beschlüssen "Katastrophe"
Er habe angesichts der Flüchtlingsbewegung den Vorschlag gemacht, dass man die Flüchtlinge auf alle Länder verteilen solle. "Das hat der Ministerrat auch im Übrigen beschlossen im Herbst 2015. Nur einige Mitgliedstaaten halten sich nicht daran (...) Das ist ein Novum in der EU-Geschichte, dass einige sich nicht an die geschlossenen Beschlüsse, an die Normen, die gemeinsam festgelegt werden, halten. Das halte ich für eine Katastrophe weil das geht an die Substanz dessen, was wir gemeinsam machen."
Nicht einmal der Vorschlag, zumindest die unbegleiteten Flüchtlingskinder aufzunehmen, sei von allen Staaten ausreichend umgesetzt worden:
"Niemand wird mir doch weismachen können, dass Millionen Polen in den Straßen Warschaus oder sonst wo in Polen sich zusammenrotten, um gegen die Tatsache in diesem tief katholischen Land zu protestieren, dass man unbegleitete Flüchtlingskinder - arme Schweine, um altdeutsch zu reden - in Polen aufnimmt. Polen habe die Aufnahme damals zwar versprochen, aber nicht intensiv genug betrieben".
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