50 Jahre Panorama: Skandale, Affären, Enthüllungen
Hamburg (ots)
Es ist das älteste und zugleich eines der erfolgreichsten Politikmagazine im deutschen Fernsehen: "Panorama" feiert 50. Geburtstag. Am 4. Juni 1961 ging das Magazin zum ersten Mal auf Sendung. Seine Geschichte ist auch eine politische Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.
Am Donnerstag, 26. Mai, ist ab 22.00 Uhr im Ersten die Jubiläumssendung zu sehen. Am selben Abend um 23.15 Uhr zeigt das NDR Fernsehen Raymond Leys Dokumentation "Unbequem und unbestechlich. 50 Jahre Panorama", ein subjektives Kaleidoskop der bundesrepublikanischen Geschichte zwischen Strauß und Maschmeyer, "Emanzen" und Abtreibung, Brokdorf und Filbinger.
Als "Panorama" startet, sind die Zuschauer noch gewöhnt an die Unterhaltungsprogramme der 50er und die heile Welt, die das Fernsehen damals vermittelte. Jetzt sehen sie erstmals Obdachlose in Deutschland, den Kolonialkrieg in Algerien oder die Verstrickungen von Franz Josef Strauß. "Panorama" ist von der ersten Stunde an außergewöhnlich - und umstritten.
Die Väter der NDR Sendung sind Rüdiger Proske und Gert von Paczensky. Nach Vorbild einer damaligen BBC-Sendung ziehen sie "ihr" Magazin auf, mit dem sie gegen den Strom schwimmen wollen. "Panorama" wird in der Adenauer-Ära zu einer ständigen Provokation des bürgerlich-konservativen Lagers. "Nun wollen wir uns wieder ein wenig mit der Bundesregierung anlegen", moderiert Paczensky einen Beitrag an.
Die Macher prägen im Laufe der Jahre den Stil der Sendung. Unter den Autoren sind viele große Namen wie Joachim Fest, Sebastian Haffner, Manfred Bissinger, Stefan Aust, Alice Schwarzer, Peter Scholl-Latour, Luc Jochimsen, Gerd Ruge und Theo Sommer.
Skandalträchtig ist die Berichterstattung von "Panorama" seit jeher. Schon im ersten Jahr gibt es ordentlich Krach. Die Sendung macht die Hintergründe der Spiegel-Affäre und die Verwicklungen des damaligen Verteidigungsministers Franz Josef Strauß publik. Die Regierung Adenauer tobt. Strauß wird später einmal sagen: "Es schwebt ein Unstern über der Sendung 'Panorama'". 1969 protestieren Politiker von CDU/CSU gegen kritische Sendungen und drohen, den NDR Staatsvertrag zu kündigen.
1974, mitten in der aufgeheizten Debatte um den Abtreibungs-Paragrafen, macht Alice Schwarzer einen Film über eine damals moderne Abtreibungsmethode. In letzter Minute nehmen die Programmchefs der ARD den Beitrag aus der Sendung. Die Redaktion weigert sich daraufhin zu moderieren. Die Anmoderationen verliest ein Nachrichtensprecher.
1978 berichtet das Magazin verstärkt über die Proteste gegen das Atomkraftwerk Brokdorf. Das verärgert die schleswig-holsteinische Landesregierung und dürfte einen weiteren Baustein für deren Kündigung des NDR Staatsvertrags im selben Jahr geliefert haben. Wenig später zieht auch Niedersachsen nach. Die Existenz des NDR ist bedroht, der Sender soll zerschlagen werden. Es dauert Jahre, bis die Gerichte die Politiker stoppen.
1982 porträtiert Stefan Aust einen Verfassungsschützer, der seine eigene Terrorgruppe aufbauen will. Der Beitrag wird, wie damals üblich, vom Autor anmoderiert - aber der Film ist verschwunden. Am nächsten Tag wird aus den Filmresten ein Rekonstrukt gezeigt. Das Original ist nie wieder aufgetaucht.
In den 80er-Jahren sorgt der Skandal um Parteispenden des Flick-Konzerns für Schlagzeilen. Ist das politische System der Bundesrepublik käuflich? "Panorama" ist maßgeblich an der Aufdeckung der Flick-Affäre beteiligt.
Keine Beteiligung am Irak-Krieg: Das war das Credo der Regierung Schröder. Anfang 2006 bekommt es durch "Panorama" einen dicken Kratzer: Die Sendung enthüllt, dass Beamte des deutschen Bundesnachrichtendienstes im Jahr 2003 kriegswichtige Informationen aus Bagdad an die USA geliefert haben.
Ausbeutung, Globalisierung, Finanzkrise - das sind die Themen des Magazins in letzter Zeit. In "Die KiK-Story" beispielsweise zeigt Christoph Lütgert, wie ein Unternehmen auf dem Rücken ausgebeuteter Mitarbeiter das große Geschäft macht. Und für Aufsehen sorgte auch die Berichterstattung über den ehemaligen AWD-Chef Carsten Maschmeyer.
Seit 50 Jahren decken die Autorinnen und Autoren von "Panorama" Missstände auf. Unbestechlich, pointiert und kritisch nach allen Seiten.
Und noch ein Jubiläum: Seit zehn Jahren moderiert Anja Reschke die Sendung. Sie ist damit zwar die Dienstälteste, aber immer noch die Jüngste in der Riege der Moderatoren der ARD-Politmagazine. Zum Dienst- und Sendungsjubiläum hat Anja Reschke ein Buch geschrieben, das ab 19. Mai erhältlich ist: "Die Unbequemen. Wie Panorama die Republik verändert hat".
Sendungen: "Panorama"-Jubiläumssendung, Donnerstag, 26. Mai, 22.00 Uhr - 22.45 Uhr, Das Erste; "Unbequem und unbestechlich. 50 Jahre Panorama", Donnerstag, 26. Mai, 23.15 Uhr - 0.00 Uhr, NDR Fernsehen Buch:"Die Unbequemen. Wie Panorama die Republik verändert hat" (Autorin: Anja Reschke)
24. Mai 2011 / JS
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