Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau Kommentar zur Sozialenzyklika des Papstes
Köln (ots)
Noble Utopie
RAIMUND NEUSS zur Papst-Enzyklika
O>b der Papst den G8 imponiert? Seine Enzyklika "Caritas in veritati" leitet aus der katholischen Soziallehre Bedingungen einer Weltwirtschaftsordnung ab. Das Wort Protektionismus kommt nicht vor, doch setzt der Papst auf ein faires Spiel von Angebot und Nachfrage, eine globale soziale Marktwirtschaft sozusagen, und sieht die Macht nationaler Regierungen im Schwinden.
Umso interessanter ist sein Alternativvorschlag: eine "echte politische Weltautorität". Wer soll sie tragen, wo doch in den meisten Staaten Unrechtssysteme bestehen? Zu Recht fordert der Papst die Bindung von Politik und Wirtschaft an Ethik, aber an welche? Chinas Führung etwa hält das Niederknüppeln von Minderheiten für einen Beitrag zur Harmonie, also für ethisch geboten. Für Christen ist das eine Perversion, und christliche Ethik möchte der Papst "allen Menschen guten Willens" nahe bringen.
<$19>D<$0>azu verweist er aufs "Buch der Natur". Ein traditionelles katholisches Argument, das Ratzinger 2004 als Kardinal noch zurückhaltend bewertete: Im Gespräch mit Jürgen Habermas nannte er die Waffe des Naturrechts "stumpf". Mit "Natur" lässt sich ja alles Mögliche begründen, auch eine brutale, sozial^darwinistische, höchst unchristliche "Humanökologie" - ein schillernder Begriff, den der Papst selbst ganz anders, im Sinne des Lebensschutzes verwendet. "Weltautorität" und naturrechtlich fundierte Weltethik, das sind noble Utopien. Real wäre schon viel gewonnen, wenn wenigstens der Westen konsequent als Werte^gemeinschaft aufträte.
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