Alle Storys
Folgen
Keine Story von Kölnische Rundschau mehr verpassen.

Kölnische Rundschau

Verfassungsrechtler Rixen: Kölner Missbrauchs-Urteil schreibt Rechtsgeschichte - Berufung auf Verjährung könnte rechtsmissbräuchlich sein

Köln (ots)

Der Kölner Verfassungsrechtler Stephan Rixen hält es für möglich, dass sich Bistümer bei Klagen von Missbrauchsopfern künftig nicht mehr auf Verjährung berufen können. Sollten Bistümer dies künftig tun, müssten sie damit rechnen, dass Gerichte dies "als rechtsmissbräuchlich brandmarken", sagte Rixen der Kölnischen Rundschau (Donnerstagausgabe). Vom Juristischen ins Deutsche übersetze hieße das: "Erst habt ihr alles vertuscht, auf Zeit gespielt und Betroffenen das Leben schwer gemacht, und jetzt fällt euch ein, dass ihr mit all dem nichts zu tun habt. Geht's noch?!" Dann wäre die Verjährung hinfällig.

Rixen reagierte auf ein Urteil des Landgerichts Köln, das das Erzbistum Köln zu einer Zahlung von 300 000 Euro an einen Missbrauchsbetroffenen verurteilt hatte. "Ganz klar, da wird Rechtsgeschichte geschrieben", sagte der Jurist, der Direktor des Instituts für Staatsrecht der Universität zu Köln ist und der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs auf Bundesebene angehört. Er erwartet Klagen auch in anderen Bereichen. Hinter der katholischen Kirche versteckten sich "ganz viele: die evangelische Kirche, der Sport, der Staat ...". Rixens Prognose: "Es wird aber nicht mehr lange dauern, bis auch in diesen Bereichen Klagen zunehmend für Unruhe sorgen. Die sind nötig, damit sich effektiv etwas verändert."

Zum Traunsteiner Prozess gegen das Erzbistum München und Freising, in dem es zu einer Beweisaufnahme kommt, meinte Rixen, normalerweise müsse der Kläger beweisen, dass Vorwürfe zutreffen. "Aber die Beweislast kann auch erleichtert werden, sie kann sich sogar ganz umkehren, wenn es um Tatsachen geht, die in der internen Sphäre des Beklagten liegen und die der Kläger beim besten Willen nicht nachweisen kann." Dieses Problem habe das Landgericht Traunstein schon angesprochen. Rixen: "Wenn die Beweislast erleichtert würde, dann wäre das ein sensationelles Signal im Sinne der Betroffenen."

Der Jurist erwartet auch, dass das Kölner Urteil Einfluss auf die Höhe außergerichtlicher Anerkennungsleitungen hat. So sehe es auch die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleitungen für den Bereich der katholischen Kirche.

Pressekontakt:

Kölnische Rundschau
Raimund Neuß
Telefon: 0228-6688-546
print@kr-redaktion.de

Original-Content von: Kölnische Rundschau, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Kölnische Rundschau
Weitere Storys: Kölnische Rundschau
  • 18.06.2023 – 16:40

    Zerrüttete Verhältnisse / Kommentar von Raimund Neuß zu Woelki/Aachener Heiligtumsfahrt

    Köln (ots) - Wie bitter. Die Aachener Heiligtumsfahrt wird nach mehr als Woche des entspannten Feierns von einem Eklat überschattet: Die Proteste gegen eine Teilnahme des Kölner Erzbischofs Rainer Maria Kardinal Woelki drohten so massiv auszufallen, dass Bischof Helmut Dieser wohl nur noch die Möglichkeit sah, ihm den Verzicht nahezulegen. Könnten diejenigen, die ...

  • 13.06.2023 – 18:47

    Warum nicht gleich so? / Kommentar zu Scholz/Habeck/Heinzungsgesetz

    Köln (ots) - Vom Kopf auf die Füße gestellt: Das ist dem Entwurf von Umweltminister Robert Habeck zur Novelle des Gebäudeenergiegesetzes widerfahren. Gut so! Man fragt sich nach der Einigung der Ampelkoalition nur, warum das, was Bundeskanzler Olaf Scholz da in einer Männerrunde mit Habeck und FDP-Chef Christian Lindner ausgehandelt hat, nicht viel früher abzustimmen war. Habecks ursprünglicher Plan war ...