DLRG - Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft
2. Symposium Schwimmen der DLRG
Prof. Brettschneider: 1/3 der Grundschulkinder sind schwimmunfähig
Bad Nenndorf (ots)
Der erste Tag des 2. Symposiums Schwimmen der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) stand im Zeichen wissenschaftlicher Bestandsaufnahmen. Sechs namhafte Wissenschaftler und Experten beleuchteten in ihren Grundsatzreferaten die aktuelle Situation des Schwimmens aus verschiedenen Blickwinkeln. 300 Fachleute und Gäste aus ganz Deutschland füllten den großen Saal der Wandelhalle in Bad Nenndorf.
Im Mittelpunkt des ersten Tages stand das Schulschwimmen. In seinem Vortrag mit dem Titel "Seepferdchen oder Bleiente - Zur Situation des Schulschwimmens" sagte Prof. Dr. Wolf-Dieter Brettschneider, Koordinator der SPRINT-Studie: "Ein Drittel unserer Grundschulkinder sind schwimmunfähig". Weiter kritisierte der Paderborner Sportwissenschaftler, die schlechten Rahmenbedingungen für das Schwimmen lernen in den Schulen. 20% haben gar keinen Zugang mehr zu Schwimmbädern und der Anteil der fachfremd unterrichtenden Sportlehrer in den Grundschulen ist mit 49% sehr hoch. Mit Blick auf die Politik sagte Brettschneider: "Die Kultusministerien wissen gar nichts".
Den Auftakt der Vortragsreihe machte DLRG-Präsident Dr. Klaus Wilkens mit seinem Referat über das Kinderertrinken als weltweitem und deutschlandspezifischem Problem. Das Ertrinken ist in der Welt Todesursache Nummer zwei. Als Lösungsansatz zur Senkung der 450.000 tödlichen Wasserunfälle nannte der Präsident unter anderem die frühzeitig einsetzende Aufklärung der Kinder über Gefahren im und am Wasser. "Für Deutschland als einem der reichsten Länder der Erde sollten wir uns ein ehrgeiziges Ziel setzen". An die Kongressteilnehmer richtete er die Bitte im Interesse der Kindersicherheit ein zukunftsweisendes Prophylaxe- und Sicherheitskonzept zu erstellen, von dem alle Kinder in Deutschland profitieren. "Wir sollten unser persönliches und technisches know how überall in der Welt einsetzen, um den Tod durch Ertrinken, speziell dem der Kinder, stetig zurückzudrängen".
Sportprofessor Dietrich Kurz und Dr. Thomas Fritz (Universität Bielefeld) stellten die Ergebnisse ihrer Praxisstudie an weiterführenden Schulen in Nordrhein-Westfalen vor. Sie hatten Fünftklässler auf ihre Schwimmfähigkeiten hin getestet. Die Wissenschaftler kommen darin zu dem Ergebnis, dass 9% der Schülen gar keine der fünf Testaufgaben bewältigen konnten, die u.a. für ein Seepferdchen-Abzeichen gefordert werden und weitere 19 lediglich eine oder zwei Teilprüfungen bestanden. Weitere 49% absolvierten drei oder vier Teile erfolgreich. Sie kommen in der für nordrhein-westfälische Schulen repräsentativen Untersuchung zu dem Ergebnis, dass ein Drittel der Schüler nicht Schwimmen können.
Professor Dr. Klaus Bös, Sportwissenschaftler aus Karlsruhe, setze sich in seinem Vortrag mit der motorischen Aktivität und Leistungsfähigkeit auseinander. Besonders ging er auf die Auswirkungen der zunehmenden Übergewichtigkeit von Kindern ein.
Schädigungen der Wirbelsäule und des Rückenmarks mit der Folge schwerer lebenslanger Behinderungen durch Stürze oder Sprünge in unbekannte und flache Gewässer waren das Vortragsthema des Orthopädieprofessors Dr. med. Hans Jürgen Gerner aus Heidelberg. Die in Deutschland seit 1976 erhobenen Zahlen über Querschnittslähmungen zeigen eine erschreckende Konstanz. Seit diesem Jahr haben die DLRG und Prof. Gerner eine Kooperation zur Aufklärung der Bevölkerung über die Gefahren von Sprüngen und Stürzen ins Wasser begonnen.
In seinem Grundsatzreferat stellte Dr. med. Peter Pietsch, Bundesarzt der DLRG, den Zusammenhang zwischen motorischer und geistiger Entwicklung dar und referiert über die besondere Eignung des Wassers im Rahmen der Rehabilitation zur Nachbehandlung einer Vielzahl von Erkrankungen.
Helmut Stöhr, Leiter Ausbildung im Präsidium und Projektleiter des Symposium, sagte in seiner Begrüßungsansprache zum Tagungsbeginn: "Gerade in den letzten beiden Jahren haben verschiedene Untersuchungen aufgezeigt, dass man ohne Übertreibung die Situation der Schwimmausbildung in Deutschland als dramatisch bezeichnen muss. Die Zeit ist reif, Lösungen zu finden".
In ihrer Grußansprache erklärte Liesel Westermann-Krieg, Ministerialrätin im niedersächsischen Kultusministerium, dass die Schulbehörde des Landes plane, "in den Grundschulen ab Klasse vier Schwimmfähigkeit zu erreichen". In den Zeugnissen der Grundschulen solle zudem der Erwerb eines Schwimmabzeichens vermerkt werden. Dieser Zusatz solle aber nicht als Erlass vorgeschrieben werden.
Bad Nenndorfs Stadtdirektor Bernd Reese begrüßte die 300 Teilnehmer und informierte, dass das Symposium Schwimmen für die neu gestaltete Wandelhalle die Premierenveranstaltung sei.
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