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"Report Mainz" am 4.2.14: Experten sehen Unabhängigkeit des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Gefahr
Mainz (ots)
Experten sehen Unabhängigkeit des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Gefahr Bundesgesundheitsminister Gröhe will "Regelungen zu MDK-Verwaltungsräten generell" überprüfen
Mainz. Hauptamtliche Kassenmitarbeiter sitzen bundesweit in den Verwaltungsräten der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) in Deutschland. Das ergab eine Umfrage des ARD-Politikmagazins "Report Mainz" bei allen MDK in Deutschland. In Sachsen und im Saarland sind es mehr als 40 Prozent der Verwaltungsratsmitglieder, in Berlin-Brandenburg, Baden-Württemberg und in Hessen über 30 Prozent. Diese Zahlen hält der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach für bedenklich: "Das halte ich für nicht vertretbar, weil das gefährdet die Unabhängigkeit der medizinischen Dienste." Auch der Sozial- und Gesundheitsrechtler Professor Ingo Heberlein von der Fachhochschule Fulda sieht den hohen Anteil von hauptamtlichen Kassenmitarbeitern in den MDK kritisch. "Das ist von hohem Nachteil für die Patienten und das entspricht auch überhaupt nicht der ursprünglichen Vorstellung des MDK als einem unabhängigen Gutachterdienst", so Heberlein im Interview mit "Report Mainz". Diese Zahlen würden den MDK immer mehr nur noch zu einer "Zweigstelle der Krankenkassen" machen.
Die Umfrage des ARD-Politikmagazins kommt außerdem zu dem Ergebnis, dass in neun von 15 medizinischen Diensten hauptamtliche Kassenfunktionäre an der Spitze des MDK-Verwaltungsrates stehen. Auf die Frage, ob der Verdacht, dass Gutachten des MDK nicht korrekt ablaufen, begründet sei, antwortete Prof. Heberlein: "Also in der gegenwärtigen Situation halte ich die Besorgnis der Befangenheit gegen den MDK durchaus für begründbar." Auf Anfrage von "Report Mainz" sieht Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe hier Handlungsbedarf. Schriftlich teilt sein Ministerium dem ARD-Politikmagazin mit, dass "die Regelungen zu den Verwaltungsräten der medizinischen Dienste generell überprüft" werden. Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach fordert darüber hinaus: "Wenn der Medizinische Dienst seine Unabhängigkeit behalten will, dann muss jeder Eindruck vermieden werden, dass sie Instrumente der Krankenkassen sind. Die Patienten müssen sehr viel stärker gehört werden und die Interessenskonflikte müssen sauber ausgeschlossen werden."
Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung unterstützt die Kranken- und Pflegekassen in medizinischen und pflegerischen Fragen und wird von diesen finanziert. Laut Gesetz sind die MDK-Gutachter aber unabhängig. Laut medizinischen Diensten finde "eine Einflussnahme der Kassen auf Inhalte und Ergebnisse der Gutachten nicht statt".
Weitere Informationen unter SWR.de/report. Zitate gegen Quellenangabe "Report Mainz" frei. Fragen bitte an "Report Mainz", Tel. 06131/929-33351, oder den Autor Gottlob Schober unter Tel. 0173/23 98 176.
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