Report Mainz: Nach Einstellung der Flut-Ermittlungen: Strafrechtsprofessor hätte Anklage gegen Ex-Landrat Pföhler für juristisch vertretbar gehalten
Mainz (ots)
"Report Mainz" heute, 23. April 2024, 21:45 Uhr im Ersten / Moderation: Nadia Kailouli
Mainz. Die Staatsanwaltschaft Koblenz hätte das Ermittlungsverfahren gegen den Hauptbeschuldigten, Jürgen Pföhler, nicht einstellen müssen. Das sagte der inzwischen pensionierte Kölner Strafrechtsprofessor, Thomas Weigend, im Interview mit dem ARD-Politikmagazin "Report Mainz". Er hatte 30 Jahre lang eine Professur an der Universität Köln, unter anderem auch für Strafprozessrecht. Für "Report Mainz" hatte der Wissenschaftler einen der fast 80-seitigen Einstellungsbescheide analysiert, also die Begründung der Staatsanwaltschaft für die Verfahrenseinstellung. Weigend sagte, er habe zwar Verständnis für die Argumentation der Staatsanwaltschaft. Für eine Anklage gebe es aber ebenfalls Gründe. "Man hätte sicher in der Situation der Staatsanwaltschaft auch anders entscheiden können. In dem Fall wäre es für die Opfer psychologisch von Vorteil gewesen, wenn noch einmal alles vor Gericht gebracht worden wäre, weil dort eben ein öffentliches Verfahren stattfindet und nicht wie das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt wird", so Weigend.
Auf Nachfrage, ob das juristisch in Ordnung gewesen wäre, sagte er: "Das hätte man juristisch gut vertreten können." Das wäre "nicht rechtsfehlerhaft" gewesen. Ob eine Anklage aber wirklich zu einem Schuldspruch geführt hätte, sei alles andere als sicher. Die Staatsanwaltschaft Koblenz hatte am vergangenen Donnerstag die Ermittlungen unter anderem gegen Landrat Jürgen Pföhler mit der Begründung eingestellt, die Ahrflut sei unvorhersehbar gewesen. Man könne bei keinem der 135 Toten nachweisen, "dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch ein optimales Warnverhalten der Tod von Menschen vermieden worden wäre".
Im Interview mit "Report Mainz" sagte Weigend dazu: "Die Staatsanwaltschaft habe in solchen Fällen einen Entscheidungsspielraum. Sie muss nämlich die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung einschätzen auf der Grundlage der Tatsachen, die sie ermittelt hat".
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