ZDF-Pressemitteilung
Ehemaliger Regierungsmitarbeiter: Geheimdienstinformationen über den Irak wurden verfälscht
ZDF-Magazin "Frontal 21 berichtet am 10. Juni 2003, 21.00 Uhr
Mainz (ots)
Schwere Vorwürfe gegen die US-Regierung hat ein ehemaliger amerikanischer Geheimdienstmitarbeiter in der Auseinandersetzung um die Massenvernichtungswaffen des Irak erhoben. Die Regierung habe Geheimdienstinformationen manipuliert, um ihre politischen Ziele zu erreichen, erklärte Greg Thielmann in einem exklusiven Fernsehinterview mit dem ZDF-Magazin "Frontal 21", das am Dienstag, 10. Juni 2003, 21.00 Uhr ausgestrahlt wird. Thielmann arbeitete bis zum September vergangenen Jahres im Geheimdienstbüro des US-Außenministeriums. Er leitete dort die Abteilung, die sich mit Iraks Massenvernichtungswaffen beschäftigte.
Thielmann kritisierte insbesondere US-Präsident George W. Bush, der dem Irak vorgeworfen hatte, ein Atomwaffenprogramm aufzubauen. Bush bezog sich dabei auf angebliche Urankäufe des Irak in Afrika. Thielmann erklärte, seine Abteilung habe die entsprechenden Dokumente schon mehr als ein halbes Jahr zuvor geprüft. "Wir kamen zu dem Schluss, dass die angeblichen Beweise Fälschungen waren", sagte Thielmann gegenüber "Frontal 21". Er habe seine Vorgesetzten davor gewarnt, sich auf diese gefälschten Papiere zu berufen. "Ich war sehr enttäuscht, dass dann trotzdem dieses Material als unser wichtigstes Beweismittel präsentiert wurde."
Auch US-Außenminister Colin Powell habe die Bedrohung durch den Irak verzerrt, so Thielmann weiter. Powell hatte in seiner Rede im UN-Sicherheitsrat am 5. Februar Aluminiumröhren als Beweis für Iraks Atomwaffenprogramm angeführt. Doch die Geheimdienstabteilung im Außenministerium habe Powell mehrmals darüber informiert, dass die Aluminiumröhren für nukleare Zwecke ungeeignet seien, so Thielmann. "Ich habe es sehr bedauert, dass Powell sich dennoch vor dem UN Sicherheitsrat und vor der Welt auf diese falschen Beweise berief", so Thielmann gegenüber "Frontal 21". Powell habe damit seine eigene Glaubwürdigkeit und die der USA beschädigt.
Nach seinen Erkenntnissen habe der Irak keine unmittelbare Bedrohung dargestellt, erklärte der ehemalige Geheimdienstmitarbeiter. "Der Irak war nicht einmal in der Lage, seine direkten Nachbarn zu bedrohen und schon gar nicht die USA, das mächtigste Land der Welt", sagte Thielmann dem ZDF.
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