CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Austermann: Beschaffungsvorlage für
Militär-Airbus nicht akzeptabel
Berlin (ots)
Zur Beschaffungsvorlage des Bundesministeriums der Verteidigung zum Airbus A 400 M erklärt der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dietrich Austermann MdB:
Nach mehreren Krisengesprächen im Kanzleramt und zwischen Verteidigungs- und Finanzministerium hat der BMF heute die Beschaffungsvorlage für das neue Transportflugzeug A400M dem Haushaltsausschuss zugeleitet. Nach der Planung des Haushaltsausschusses soll in zwei Vorbesprechungen der zuständigen Berichterstatter am 13. und 20. März eine Vorerörterung stattfinden und anschließend am 20. März eine abschließende Entscheidung durch den Haushaltsausschuss. Bei grober Durchsicht wird deutlich, dass die grundsätzlichen Bedenken der Union nicht ausgeräumt sind:
Der mit den internationalen Partnern abgeschlossene Industrievertrag umfasst nach wie vor die komplette Stückzahl von 196 Flugzeugen bzw. 73 Flugzeugen für Deutschland. Daraus ergibt sich eine Verpflichtung, die je nach gewähltem Finanzierungsmodell, zwischen 8,6 und 9,5 Mrd. Euro liegt. Im Bundeshaushalt ist lediglich eine Verpflichtungsermächtigung für die Zeit ab 2009 in der Größenordnung von 5,12 Mrd. Euro vorgesehen. Die von Verteidigungsminister Scharping präferierte Zahlung bei Lieferung, die ihn von der Verpflichtung enthebt, bereits in diesem Jahr erste Millionenbeträge aus dem Verteidigungsetat bereitzustellen, ist intern vom BMF als unwirtschaftlich bezeichnet worden. Zu den üblichen Kosten kämen dann Finanzierungskosten in der Größenordnung von 850 Mio. Euro.
Nach Darlegung des BMVg werden mit dem Inkrafttreten eines von Scharping unterzeichneten Side-Letters zum Vertrag angeblich nur Verpflichtungen für Deutschland in Höhe von zunächst nur 5,1 Mrd. Euro begründet. Sollte der 15. Deutsche Bundestag die für den Erwerb der Gesamtstückzahl erforderliche Verpflichtungsermächtigung allerdings nicht bereitstellen, würde zu Lasten Deutschlands die Regelung des Memorandums of Understanding und des Industrievertrages greifen. Dann müsste Deutschland die Industrie schadlos stellen. Nähere Angaben zu den möglichen Schadensersatzleistungen, zum Beispiel zur Frage wann, in welcher Höhe und in welchen Tranchen evtl. Schadensersatzzahlungen fällig werden, sowie zur verbleibenden Stückzahl der Flugzeuge wurden vom BMVg nicht gemacht. Es kann für den Fall der Schadlosstellung jedoch davon ausgegangen werden, dass die verbleibende Anzahl von Flugzeugen auf eine Größenordnung von 20 bis 30 Stück absinkt, für die dann 5,1 Mrd. Euro zu zahlen sind.
Für eine haushaltsrechtliche Bewertung des Vorgehens nach der Entsperrung der Verpflichtungsermächtigung kommt es darauf an, dass im Außenverhältnis keine Rechtsverpflichtungen über den festgelegten Betrag hinaus eingegangen werden. Die angestrebte Beschaffungsentscheidung bedeutet, dass ein künftiger Haushaltsgesetzgeber insofern präjudiziert ist, als er bei Ablehnung einer weitergehenden Verpflichtungsermächtigung im Ergebnis eine grob unwirtschaftliche Beschaffungsentscheidung trifft, weil zum Gesamtpreis von 5,1 Mrd. Euro deutlich weniger Flugzeuge beschafft werden könnten. Das bedeutet: Im Falle einer Zustimmung zur Beschaffung würde gleichzeitig Druck auf das am 22. September zu wählende Parlament ausgeübt. Damit würde auch gegen die Festlegung verstoßen, die Bundesverteidigungsminister Scharping vor dem Verfassungsgericht in Karlsruhe erklärt hat.
Das Bundesfinanzministerium kann eine weitere Plafondaufstockung des Verteidigungsetats nicht in Aussicht stellen. Es sieht Finanzierungsprobleme der alternativen Zahlung bei Lieferung und spricht sich daher für eine Kostenanteilalternative aus. Dabei soll geprüft werden, wieweit die erste Jahresrate noch in den laufenden Haushaltsvollzug 2002 einzupassen ist oder ob eine Verteilung auf die Raten der Folgejahre möglich ist.
Diese Entscheidung ist aber von den beteiligten Ministerien nicht getroffen worden.
Es gibt also mehr Fragezeichen als Klarstellungen schon bei der Finanzierung des Projektes. Bei weiterer Durchleuchtung des Industrievertrages fällt auf, dass der Anteil der Arbeitspakete der einzelnen Industrienationen vertraglich nicht gesichert ist. Deutschland soll über 37% der Flugzeuge kaufen, Frankreich deutlich weniger. Die Abweichung des üblichen Airbus-Schlüssels von 1:1 zwischen Deutschland und Frankreich findet jedoch im Vertrag keine Bestätigung.
Vollends ausgespart ist die Beteiligung der mittelständischen Zulieferindustrie.
Sieht man insgesamt die Arbeitspakete an, so wird deutlich, dass die technologisch interessanteren Teile in anderen Ländern gefertigt werden. Das gilt insbesondere für das Cockpit, die Flügel und die Endmontage.
Versprechungen bezüglich der Produktion der Triebwerke scheinen zu platzen. Die bisher entwickelten funktionieren nicht. Es gibt ernsthafte Überlegungen, amerikanische Triebwerke zuzukaufen.
In internen Vermerken beklagen die für Rüstung Verantwortlichen, dass sich das BMF mit den verhandelten Vereinbarungen nicht identifiziere. Das Verteidigungsministerium versuchte über das Kanzleramt Druck auf das Finanzministerium auszuüben, um den Wortlaut der Vorlage so "hinzubiegen", dass dem Parlament die Widersprüche und Bedenken nicht offenkundig werden. Tatsache ist jedoch, dass bei einer Zahlung nach Lieferung der vom Deutschen Bundestag im Sinne einer Obergrenze verstandene Gesamtbetrag von 8,6 Mrd. Euro um 850 Mio. Euro überschritten werden würde. Dies würde die Ausbringung einer weiteren Verpflichtungsermächtigung in Höhe von 4,3 Mrd. erfordern, anstatt einer solchen von 3,5 Mrd. Euro, die nach dem Beschluss der rot-grünen Mehrheit im Bundestag als für das Vorhaben erforderlicher Finanzbedarf angesehen wurde.
Das BMF steht offensichtlich nicht hinter dem Text der Regierungsvorlage - durch dieses Offenkundigmachen der unterschiedlichen Positionen der beteiligten Ministerien liegt dieser Verdacht nahe. Das ganze wird dadurch unterstrichen, dass das BMF ein Gutachten bestellt hat zur Frage der Preisgleitklausel und der von Scharping gewünschten Zahlung bei Lieferung. Das Gutachten fällt negativ aus. Es scheint in der politischen Führung der Regierung die Absicht zu bestehen, Scharping mit einer unbrauchbaren Vorlage scheitern zu lassen.
Damit steht fest, dass die rot-grüne Koalition nicht nur Streit der beteiligten Ministerien sondern auch eine Abweichung der Vorlage von dem Beschluss des Bundestages attestieren muss.
Eine Entscheidung über die Beschaffungsvorlage erscheint deshalb aus haushälterischen Gründen ohne einen Nachtragshaushalt bzw. Neuverhandlungen mit den europäischen Partnern sinnlos.
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