CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Merz: Verbraucherschutz - zentrale
Aufgabe der Politik für die Bürger
Berlin (ots)
Einführungsreferat des Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Friedrich Merz MdB, zum heutigen Hearing Verbraucherinformation, "Nur zum Nutzen der Verbraucher?" in Berlin.
Sperrfrist: Beginn der Rede. Es gilt das gesprochene Wort.
Die parlamentarischen Beratungen über den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf für ein Verbraucherinformationsgesetz sind in vollem Gange. Die Frage ist, wie ein solches Gesetz aussehen sollte, damit der Verbraucher davon profitiert, ohne auf der anderen Seite zusätzliche Bürokratie zu befördern oder unangemessene Mehrkosten und andere Risiken für Hersteller und Händler auszulösen.
Das Verbraucherinformationsgesetz ist ein zentraler Aspekt des Verbraucherschutzes.
Es gibt wohl kaum ein Thema, das die Menschen so unmittelbar betrifft, wie der Verbraucherschutz. Denn hier geht es nicht nur um wirtschaftliche oder juristische Fragen, sondern in vielen Fällen um die eigene Gesundheit - sei es im Zusammenhang mit der Ernährung, sei es im Hinblick auf den Aspekt technischer Sicherheit. Der Verbraucherschutz gehört somit zu den zentralen Aufgaben einer Politik im Dienste der Bürgerinnen und Bürger.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat sich deshalb im Verlauf der jetzt zuende gehenden Legislaturperiode in zahlreichen Anträgen und Anfragen an die Bundesregierung mit diesem Thema beschäftigt. Zuletzt haben wir im März eine Große Anfrage mit dem Titel "Aufarbeitung der Defizite beim Verbraucherschutz" eingebracht.
Im Zuge der BSE-Krise vor einem Jahr ist das Bewusstsein von Bürgern, Medien und Politik für Fragen des Verbraucherschutzes geschärft worden. Die Bundesregierung hat auf die damalige Erregung mit der Einrichtung eines entsprechenden Ministeriums und mit der Ankündigung umfassender Maßnahmen zum besseren Schutz der Verbraucher reagiert. Aus Sicht der Opposition fällt die Bilanz von Frau Künast bis dato eher dürftig aus:
Eine klare Aufgabenregelung innerhalb der Bundesregierung im Sinne des Verbraucherschutzes steht immer noch aus. Das Verbraucherschutzministerium hat keine umfassenden und klaren Zuständigkeiten zugewiesen bekommen. Stattdessen kommt es immer noch zu Kompetenzgerangel mit anderen Ressorts. Der Fischmehlskandal hat deutlich werden lassen, wie weit wir von einem "Schnellwarnsystem" entfernt sind: Da werden 200 Tonnen verseuchter Shrimps nach Deutschland importiert und eine entsprechende Warnmeldung bleibt 10 Tage lang im zuständigen Ministerium unbearbeitet.
Jetzt liegt wenigstens ein Entwurf der Bundesregierung für ein Verbraucherinformationsgesetz vor. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion begrüßt die Intention eines solchen Gesetzes dem Grunde nach, denn wir haben im Zusammenhang mit dem Verbraucherschutz zwei Grundüberzeugungen:
1. Der mündige und eigenverantwortlich handelnde Verbraucher kann sich selbst am besten schützen, wenn ihm relevante Informationen vorliegen.
2. Die Information des Verbrauchers ist eine wesentliche Grundlage für einen fairen Wettbewerb.
Die Transparenz und das Informationsrecht der Verbraucher müssen gewährleistet sein. Die Union unterstützt das Ziel, die Verbraucher in ihren Rechten und in ihren Positionen zu stärken. Die Bündelung der Informationsrechte der Verbraucher in einem Gesetz kann der richtige Weg sein.
Inhalt des Gesetzentwurfes
Der jetzt zur Diskussion stehende Gesetzentwurf sieht im Kern folgendes vor:
1. Jeder Verbraucher soll einen grundsätzlichen Anspruch auf
freien Zugang zu Informationen erhalten, die bei Behörden vorhanden sind und die den Schutz der Gesundheit und Sicherheit
oder die wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher betreffen und für den Verbraucher entscheidungsrelevant sind.
2. Behörden sollen das Recht erhalten, von sich aus aktiv die Verbraucher über bestimmte Sachverhalte zu informieren.
Nicht mehr enthalten ist im Gesetzentwurf der Bundesregierung der Informationsanspruch der Verbraucher gegenüber Unternehmen. Dieser Anspruch ist auf Druck der beteiligten Ressorts weggefallen. Stattdessen verfolgt man die Alternative der Selbstverpflichtungserklärung. Die Union befürwortet den Anspruch auf Informationen gegenüber Unternehmen, will dies jedoch auf europäischer Ebene durchsetzen. Denn ein isoliertes nationales Vorgehen kann Wettbewerbsnachteile für einheimische Unternehmen zur Folge haben.
Kritik der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
In der konkreten Ausgestaltung des vorliegenden Gesetzentwurfes sieht die Union vieles kritisch, sowohl grundsätzlich, als auch in rechtlichen und technischen Details.
* Aus dem Anspruch auf Informationszugang gegenüber Behörden ergeben sich eine Reihe von Fragen, die präziser geklärt werden müssten. So ist unklar, wie umfassend dem individuellen Informationsanspruch stattgegeben werden muss und wie die Ausgewogenheit der Information sichergestellt werden kann. Neutrale Information bejahen wir, einseitige Empfehlungen lehnen
wir ab, da diese einen unzulässigen Eingriff in den freien Wettbewerb bedeuten würden.
- Im Hinblick auf das Recht der Behörden, von sich aus Informationen einzuholen, stellt sich die Frage, wie weit hier in Rechte von Unternehmen eingegriffen werden darf und wie dann im Einzelfall mit Geheimhaltungspflichten umgegangen wird.
- Nicht geregelt ist der Frage der Haftung im Falle einer Fehlinformation. Hier besteht wegen des hohen wirtschaftlichen Risikos für Unternehmen eine besondere Verantwortung der Behörden.
- Fraglich ist aus unserer Sicht, ob das Gesetz hinreichend auf bestehende oder geplante EU-Regelungen abgestimmt ist. Insbesondere das behördliche Informationsrecht sollte nicht allein national geregelt werden.
- Die grundsätzlich begrüßenswerte Bevorzugung des Internet als Medium für die Verbraucherinformation durch die Behörden wirft zahlreiche kritische Fragen wie z.B. die nach möglichem Missbrauch und nach der breiten Zugänglichkeit der Behörden-Informationen (nicht jeder hat Zugang zum Internet!) auf.
- Nach derzeitigem Stand könnte das Gesetz zu einer Informationsflut führen, weil es an deutlich definierten Kriterien fehlt, welche Informationen gesammelt und weitergegeben werden sollen. Die Verbraucher sollen aber nicht möglichst viel, sondern möglichst verwertbare Information erhalten.
- Unklar bleibt im Gesetzentwurf, mit welchen Sach- und Personalkosten bei der Umsetzung des Gesetzes zu rechnen ist und
wer diese Kosten zu tragen hat. Jetzt schon überlastete Länder und Kommunen dürfen nicht weiter strapaziert werden.
Fazit und Forderungen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung ist überarbeitungsbedürftig. Das Verbraucherinformationsgesetz darf nicht zu mehr Bürokratie und neuen Kosten ohne echten Nutzen für den Verbraucher führen. Genau dies steht aber zu befürchten. Informationsrechte der Behörden und Grundrechte der Wirtschaft müssen ausgewogene Beachtung finden.
Auf der Grundlage dieser Analyse hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Bundestag einen Antrag eingebracht, der insbesondere folgende Forderungen erhebt:
* Die Informationsgewährung ist für Länder und Kommunen eine neue Aufgabe, die zusätzliche Sach- und Finanzmittel erfordert. Die hierdurch entstehenden Kostenbelastungen dürfen nicht auf die kommunalen Gliederungen abgewälzt werden. Der Verwaltungsaufwand
und die finanzielle Belastung der Länder sollte gering gehalten werden.
- Statt in der Frage des Anspruchs der Verbraucher auf Information gegenüber Unternehmen einen nationalen Alleingang zu bestreiten, sollte sich die Bundesregierung in der EU dafür einzusetzen, einen solchen Rechtsanspruch im gemeinsamen europäischen Rechtsrahmen zu verankern.
- Der Gesetzentwurf muss so gestaltet werden, dass vor allem kleine und mittlere Unternehmen nicht durch Informationspflichten und mögliche Regressansprüche in ihrer Existenz bedroht werden.
- Der Gesetzentwurf muss insgesamt im Hinblick auf rechtliche Bestimmungen und Umsetzungsvorgaben präzisiert werden.
Ich habe hier nur einige der Kritikpunkte und Forderungen der Unionsfraktion darlegen. Wir wollen Ihre Meinung zum Gesetzentwurf sowie zu unseren diesbezüglichen Anmerkungen hören und gemeinsam darüber sprechen, wie der Verbraucherschutz durch ein wirksames Verbraucherinformationsgesetz verbessert werden kann. Ich danke Ihnen für Ihr Kommen und freue mich auf eine interessante Diskussion.
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