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Koschyk: Bundesregierung muss mit Prag über die Benesch-Dekrete sprechen

Berlin (ots)

Anlässlich der Veröffentlichung des Gutachtens von
Prof. Dr. Dieter Blumenwitz zu den Benesch-Dekreten erklärt der
vertriebenenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion,
Hartmut Koschyk MdB:
Mit seinem jetzt veröffentlichen Gutachten über die
Benesch-Dekrete und das sogenannte "Straffreiheitsgesetz" sowie über
die Frage einer fortdauernden diskriminierenden Wirkung widerspricht
der bekannte Völkerrechtler Prof. Dr. Dieter Blumenwitz in allen
wesentlichen Punkten dem Gutachten von Prof. Dr. Jochen Frowein,
welches in der letzten Woche bekannt geworden ist.
Zur fortdauernden Rechtswirkung der Benesch-Dekrete stellt Dieter
Blumenwitz in seinem Gutachten unter anderem fest: "Nach der
Entscheidung des tschechischen Obersten Gerichtshofes vom 29. Juni
2000 müssen die Dekrete der Nachkriegszeit nicht nur nachbefolgt,
sondern auch "nachvollzogen" werden: Zivilverfahren müssen ausgesetzt
und Enteignungsverfahren nach altem Recht abgeschlossen werden."
Auch widerspricht er der Behauptung Froweins, die Restitution sei
abgeschlossen und berühre EU-Recht nicht. Blumenwitz führt aus:
"Zahlreiche Restitutionsfälle sind zur Zeit noch anhängig. Der
UN-Menschenrechtsausschuss hat in der Vergangenheit immer wieder die
Restitutionsgesetzgebung kritisiert, die Tschechische Republik
aufgefordert, gesetzliche Regelungen zu ergänzen und neue
Antragsfristen einzuräumen."
Unmissverständlich äußert sich Blumenwitz auch zum umstrittenen
"Straffreiheitsgesetz" (Gesetz Nr. 115 von 1946), welches er als
einen Verstoß gegen die Menschenrechte bezeichnet. Und weiter: "Der
Respekt vor den Opfern gebietet die uneingeschränkte Verpflichtung
des tschechischen Staates, Verbrechen gegen die Menschlichkeit auch
nach längerer Zeit noch aufzuklären und zu ahnden."
Den Prüfungsmaßstab des Gutachtens von Prof. Blumenwitz bilden die
Kopenhagener Kriterien. Dabei stellt er fest, dass die
Benesch-Dekrete und das "Straffreiheitsgesetz" mit diesen Kriterien
zur Aufnahme neuer Mitglieder in die Europäische Union unvereinbar
sind.
Das Gutachten von Professor Blumenwitz belegt erneut die
Fehleinschätzungen und schweren Versäumnisse der Bundesregierung auf
diesem Gebiet. Es wird erneut nachgewiesen, dass die gemeinsame
Erklärung von Bundeskanzler Gerhard Schröder und dem damaligen
tschechischen Ministerpräsidenten Milos Zeman aus dem Jahre 1999, die
Benesch-Dekrete seien "in ihrer Wirkung erloschen", unzutreffend ist.
Auch erweist es sich heute, da zwei höchst unterschiedliche
Rechtsgutachten vorliegen, als schweres Versäumnis, dass die
Bundesregierung sich hartnäckig geweigert hat, ein mehrfach von CDU
und CSU eingefordertes eigenes Rechtsgutachten in Auftrag zu geben.
Die Bundesregierung muss jetzt endlich handeln. Sie kann sich
nicht hinter den immer gleichen Erklärungen verstecken, nach denen
die Benesch-Dekrete keine Wirkung mehr entfalten würden und das
Verhältnis zur Tschechischen Republik nicht mit aus der Vergangenheit
herrührenden politischen und rechtlichen Fragen belastet werden soll.
Gerade nach den schweren Verwerfungen in diesem Jahr ist doch für
jeden erkennbar, dass das beharrliche Ausklammern der offenen Fragen
der Vergangenheit das deutsch-tschechische Verhältnis so schwer
belastet. Immer wieder brechen diese Fragen dann eruptiv hervor und
stellen die Erfolge der Verständigungsarbeit in Frage.
Die rot-grüne Bundesregierung ist daher aufgefordert, die offenen
Fragen nicht länger aus dem Dialog auszuklammern. Vielmehr muss die
Bundesregierung mit der tschechischen Seite in Verhandlungen über die
Benesch-Dekrete eintreten.

Rückfragen bitte an:

CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Pressestelle
Tel.: (030) 227-52360
Fax: (030) 227-56660
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