Schauerte: Ein bisschen rechtstaatlich darf´s schon sein!
Berlin (ots)
Zur Ankündigung von Bundeswirtschaftsminister Clement, die Spielregeln der Ministererlaubnis durch eine Novelle des Kartellrechts zu ändern, erklärt der mittelstandspolitische Sprecher und Berichterstatter für Wettbewerbsrecht der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hartmut Schauerte MdB:
Es mutet schon abenteuerlich an, wenn der Wirtschaftsminister angesichts peinlicher Verfahrensfehler seines eigenen Hauses in jüngster Vergangenheit und eines anstehenden neuen Antrags auf Ministererlaubnis aus dem Verlagsbereich nun plötzlich das Kartellrecht ändern möchte.
Die Begründung erstaunt insbesondere: Man wolle verhindern, dass künftig Fusionen, die das Ministerium aus Gründen des Allgemeinwohls für sinnvoll halte, im Nachhinein durch Gerichte gestoppt würde.
Dazu ist zunächst anzumerken, dass im laufenden Verfahren vor dem OLG Düsseldorf zur EON-Ruhrgas-Fusion nicht die materielle Interessenabwägung des Wirtschaftsministeriums zwischen Allgemeinwohlvorteilen und Wettbewerbsnachteilen überprüft wird, sondern vermutete massive Verfahrensfehler, die einem Bundesministerium schlichtweg nicht unterlaufen dürfen.
Aus übergeordneten rechtsstaatlichen Gründen und dem grundgesetzlichen Anspruch auf rechtliches Gehöhr ist es schlichtweg inakzeptabel, die gerichtliche Überprüfung gesetzlich vorgeschriebener Verfahren einzuschränken. Das Instrument der Ministererlaubnis ist vom Gesetzgeber nicht als Ordre-de-Mufti, sondern als rechtsstaatliches Instrument für Ausnahmefälle eingeführt worden.
Wer die gerichtliche Überprüfung solcher Entscheidungen abschaffen oder einschränken will, handelt selbst gegen die einzige Legitimation einer solchen Entscheidung, das übergeordnete Allgemeinwohl. Dann wäre es schon besser, das Instrument der Ministererlaubnis selbst fallen zu lassen.
Statt die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens zu gefährden, ist es richtiger, eine breit angelegte Diskussion ohne Tabus über die Ministererlaubnis und ihre Einbindung in das Wettbewerbsrecht zu eröffnen. Auch im Vergleich mit den Kartellrechten der europäischen Nachbarn gibt es hier interessante Verbesserungsmöglichkeiten:
- Dazu gehört die Überlegung, ob das Parlament oder sein zuständiger Ausschuss angehört werden müssen, da sie der eigentliche Ort der Willensbildung des Allgemeinwohls sind.
- Sollten Ministererlaubnisse nicht wie in der Schweiz zunächst zeitlich befristet werden?
- Muss nicht konsequenter Weise wie im französischen Kartellrecht auch die Möglichkeit bestehen, eine bereits genehmigte Fusion bei Fehlentwicklungen wieder zu entflechten?
Ziel einer solchen Debatte muss es sein, die Ministererlaubnis stärker als bisher auf wirkliche Ausnahmen zu beschränken und die Rolle der unabhängigen Kartellbehörden und der Monopolkommission zu stärken.
Die Ministererlaubnis darf unter keinen Umständen ein Ersatz für staatlich gesteuerte Industriepolitik oder ein Gnadenakt ohne gerichtliche Überprüfbarkeit sein.
Natürlich muss auch für die betroffenen Unternehmen gewährleistet werden, dass die Anfechtbarkeit einer Ministererlaubnis nicht als solche dazu führt, dass durch unnötig lange Verfahren das Fusionsvorhaben de facto aus wirtschaftlichen Gründen ad absurdum geführt wird. Hier wären insbesondere folgende Ansätze zu prüfen:
* Ein direkter Eintritt in das Hauptsacheverfahren nach bestimmter Frist; * Vorgegebene Fristen für die Hauptsache-Entscheidung; * Unanfechtbarkeit der Ministererlaubnis nach einer gewissen Frist; * Unanfechtbarkeit der materiellen Entscheidung (Abwägung von Allgemeinwohlvorteilen und Wettbewerbsnachteilen), wenn zuvor zusätzlich das Votum des Parlaments eingeholt wurde.
Die angekündigten Veränderungen der Spielregeln für die Ministererlaubnis verstärken leider den Eindruck, dass unter Rot-Grün Wirtschaftspolitik nicht nach ordnungspolitischen Gesichtspunkten betrieben wird, sondern interessengesteuert ist. Ein solcher Eindruck birgt große Gefahren für das Ansehen der deutschen Rechtsordnung und Wirtschaftspolitik.
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