Gehb/Koschyk: Bei Verschärfung des Versammlungsrechts verfassungsrechtliche Grenzen beachten
Berlin (ots)
Anlässlich der Anhörung des Bundestages zur Verschärfung des Versammlungsrechts erklären der rechtspolitische Sprecher, Dr. Jürgen Gehb MdB, sowie der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU- Bundestagsfraktion, Hartmut Koschyk MdB:
Die notwendigen Bemühungen anlässlich der geplanten NPD- Demonstrationen am 8. Mai, das geltende Versammlungsrecht zu verschärfen, sollten durch Korrekturen der Gesetzesvorlagen verfassungsfest gemacht werden. Im Blick auf die allgemeine Freiheit der Meinungsäußerung und das Demonstrationsrecht des Grundgesetzes darf es nicht zu einer Inflation neuer Leugnungs-Straftaten kommen, die am Ende einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht nicht standhalten würden. Eine in Karlsruhe erfolgreiche Verfassungsbeschwerde der NPD würde nach den gescheiterten NPD- Verbotsverfahren alle gut gemeinten Verbotspläne ins Gegenteil verkehren.
Jede Änderung des geltenden Strafrechts birgt die Gefahr, dass auch unverdächtige oder harmlose Aussagen unter die Strafbarkeit fallen. Wenn etwa Historiker, Journalisten oder auch Politiker historische und zeitgeschichtliche Debatten führen, sollte eine Strafbarkeit nicht automatisch eintreten. Jegliche Änderung im Strafrecht muss daher den Maßstäben verfassungsrechtlicher Vertretbarkeit und rechtspolitischer Verantwortung genügen. Neue Straftatbestände sollten deshalb insbesondere in Bezug auf ihre Qualität als Erfolgsdelikt und durch die Aufnahme von Tatbestandsmerkmalen aus der Rechtsprechung konkretisiert und präzisiert werden.
Auch bei den geplanten versammlungsrechtlichen Verbotstatbeständen ist darauf zu achten, dass die Maßnahmen genau die beabsichtigten Propaganda-Aufmärsche betreffen und weder über das Ziel hinausschießen noch unerwünschte Lücken bleiben. Dabei ist das Brandenburger Tor vor missbräuchlichen Aufzügen in verfassungsgemäßer Weise zu bewahren, indem dieser Ort in den Schutzbereich vor solchen Aufmärschen geschützt wird. Deswegen könnte es sich als möglicher Kompromissweg erweisen, im Versammlungsrecht eine Ergänzung von § 15 vorzunehmen, wonach ein Versammlungsverbot möglich würde, wenn nach den konkret feststellbaren Umständen eine Störung des öffentlichen Friedens durch eine Versammlung oder einen Aufzug zu besorgen ist, die dazu bestimmt ist, die nationalsozialistische Gewalt und Willkürschaft zu billigen, zu verherrlichen und zu rechtfertigen.
Damit könnten nach überwiegender Meinung der Experten auch Aufmärsche u.a. in Wunsiedel verboten werden.
Was die von der CDU/CSU geforderte Einbeziehung des Brandenburger Tors in den befriedeten Bezirk angeht, wäre es nach dem Ergebnis der Anhörung durchaus vorstellbar, es bei der geltenden Rechtslage zu belassen und das Brandenburger Tor in den befriedeten Bezirk einzubeziehen.
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