Meister: Einigung im Ecofin ein schlechter Tag für Europa
Berlin (ots)
Anlässlich der Einigung im ECOFIN zur Aufweichung des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts erklärt der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dr. Michael Meister MdB:
Finanzminister Eichel hat in Brüssel die Lizenz zum Schuldenmachen erhalten, die er und Bundeskanzler Schröder von Anfang an gewollt haben. Dem Stabilitätspakt sollten die Zähne gezogen werden, damit er seinen Biss verliert. Das ist auch weitestgehend gelungen. Defizitverfahren und Sanktionen dürften nunmehr der Vergangenheit angehören.
Die gestrige Einigung im Ecofin-Rat weicht den bestehenden Stabilitätspakt auf, weil sie erhebliche Interpretationsspielräume eröffnet. Erstens können die Mitgliedstaaten dank allgemeiner Formulierungen zukünftig jegliche Ausgabe als Sonderbelastung geltend machen, um eine Überschreitung der 3-Prozent-Defizit-Grenze zu rechtfertigen. Auch 15 Jahre nach der deutschen Einheit kann Deutschland künftig die Kosten der Deutschen Einheit als Sonderbelastung geltend machen, Frankreich wird seine Entwicklungshilfeausgaben künftig angeben, wenn die 3-Prozent-Grenze sonst nicht einhaltbar ist. Zweitens ist die Anforderung der nur zeitweisen Überschreitung der 3-Prozent-Grenze derart dehnbar, dass sie als Restriktion kaum vernünftig handhabbar ist. Im Ergebnis verschiebt der Kompromiss im Ecofin die Defizitgrenze einfach ein Stück nach oben.
Finanzminister Eichel ist es damit leider gelungen, den europäischen Stabilitätspakt seinen Verschuldungsbedürfnissen anzupassen. Die rot- grüne Bundesregierung erhält somit einen Persilschein für ihre Schuldenpolitik. Ein Defizitverfahren im Wahljahr 2006 hat sie nicht mehr zu befürchten.
Damit können die notwendigen Reformen in Deutschland und die Konsolidierung des Bundeshaushalts weiter verschleppt werden. Deutschland wird auch 2005 zum vierten Mal hintereinander das Defizitkriterium des Maastricht-Vertrags und das Schuldenstandskriterium mit über 66 % des BIP verletzen, Tendenz ungebremst steigend.
Diese Bundesregierung hat immer noch nicht verstanden, dass eine solide, stabilitätsorientierte Finanzpolitik und eine Politik für mehr Wachstum und Beschäftigung einander bedingen. Die Gefahr wächst, dass aus der ursprünglichen europäischen Stabilitätsgemeinschaft eine Schuldengemeinschaft wird, die den Geldwert des Euro akut gefährdet, auch wenn sich dies aufgrund der Dollarschwäche im Euro-Kurs derzeit noch nicht hinreichend widerspiegelt. Aber auch dies ist nur noch eine Frage der Zeit.
Noch besteht die Hoffnung, dass die Staats- und Regierungschefs den von den Finanzministern ausgehandelten Kompromiss nicht billigen und am bestehenden Stabilitätspakt festhalten.
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