Grund/Börnsen: Wahlen in Weißrussland - Maulkorb für die Opposition
Berlin (ots)
Nach ihrem Einsatz als OSZE-Wahlbeobachter bei den Präsidentschaftswahlen in Belarus am 19.03.2006 erklären der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Manfred Grund MdB und der kultur- und medienpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Börnsen MdB:
Die Präsidentschaftswahlen in Belarus sind am Sonntag weitgehend korrekt verlaufen. In der Hauptstadt Minsk blieb es ruhig, es gab keine offensichtlichen Missstände in den Wahllokalen. Insgesamt wurden 15 Wahllokale besucht, von ländlichen Regionen bis zu Stadtzentren von Minsk. In allen Wahllokalen war die Dauerpräsenz des Militärs sowie der örtlichen Polizei unverkennbar. Regionale Wahlbeobachter, ausgewählt aus staatlich organisierten gesellschaftlichen Gruppen, waren ebenso anwesend wie Ordner und Einweiser. Keine der untersuchten Urnen war fehlerhaft verschlossen, die Wahllisten wie die Möglichkeit, geheim zu wählen wurden ordnungsgemäß durchgeführt.
Der Blick hinter die Kulissen jedoch ergibt ein anderes Bild:
Schon seit Dienstag, den 14. März sind die Wahllokale offen und je nach Wahllokal wurden bereits 25 % bis 35 % der Stimmen abgegeben. Die Urnen sind mit einem Bindfaden und einem Wachssiegel verschlossen. Bindfaden, Wachs und Siegel befinden sich seit einer Woche in den Händen der Wahlleiter und Wahlleiterinnen. Diese sind zumeist Angestellte des öffentlichen Sektors und damit in dem Unterdrückungssystem des Präsidenten Lukaschenko verankert, der sich der Wiederwahl stellte.
Die OSZE beobachtet zudem seit Wochen, dass jegliche Kampagne der oppositionellen Reformer fast unmöglich gemacht wird. Der Zugang zu den öffentlichen Medien - das ist im Wesentlichen das Lukaschenko-Staatsfernsehen - blieb den Oppositionskandidaten weitgehend versperrt. Freie Zeitungen konnten zuletzt nicht einmal mehr in Belarus gedruckt, zum Schluss nicht einmal mehr verteilt werden.
Wenn auch nach unserer aufmerksamen Beobachtung die Wahl unter den Augen der Militärpolizei korrekt verlaufen ist, bleibt ebenso die Frage nach der Überprüfbarkeit der Wahlresultate nach Auszählung der Stimmen durch die 6.500 lokalen Wahlkommissionen. Fraglich bleiben auch die indirekten Beeinflussungsfaktoren wie Früchteverkauf am Wahlsonntag, Freistundendeputat für die Wahlhelfer, TV-Sendungen in den Wahlräumen mit häufigem Bezug zum amtierenden Präsidenten und die Militärpräsenz.
Am Montag haben die Medienvertreter und Wahlbeobachter das Land wieder verlassen. Damit begann die eigentliche Gefahr für alle Reformer. Es steht zu fürchten, dass das Unterdrückungsregime von Lukaschenko im Schatten der nachlassenden öffentlichen Aufmerksamkeit noch erbarmungsloser zuschlagen wird.
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