FZ: Kommentar der "Fuldaer Zeitung" (Samstag, 31. 12. 2011)
Titel: "Das Jahr 2011 - im Dauer-Stresstest"
Fulda (ots)
Was war es denn nun? Ein Jahr der Krisen und Katastrophen - oder ein Jahr der Entscheidungen und Erfolge? 2011 macht eine abschließende Bewertung nicht leicht, vielleicht wird man erst mit einigem Abstand die tatsächliche Bedeutung der zurückliegenden zwölf Monate erkennen können. Aber eines steht schon jetzt fest: Es war das Jahr des immerwährenden Stresstests - für alle und jeden. Das "Wort des Jahres 2011" beschreibt in seinem umfassenden Sinne wirklich treffend, unter welchem - manchmal vielleicht auch nur eingebildeten - Druck Politik und Gesellschaft permanent standen: Die Regierungen unter dem Druck der Märkte, die Griechen und Italiener unter dem Druck aus Brüssel und Berlin, die Parlamentarier unter dem Druck der Parteibasis, die Unternehmen unter dem Druck der Banken, einzelne Skandal-Politiker unter dem Druck der Medien und ganz viele Menschen unter dem Druck der großen Unsicherheit. Wenn man die äußeren Daten zugrunde legt, hat Deutschland den Dauer-Stresstest 2011 gut weggesteckt: Die Wachstumsrate ist beachtlich, die Arbeitslosenquote im Sinkflug, die Steuereinnahmen sprudeln so kräftig, dass alle Sparversprechen der Politik schon wieder Makulatur zu sein scheinen, und für 2012 strotzen die meisten Bundesbürger laut Umfragen nur so vor Optimismus. Alles in Butter also? Keineswegs. Denn im zurückliegenden Jahr ist auch vieles zerbrochen, hat den Stresstest nicht überstanden: Das Vertrauen in eine risikofreie Kernkraft etwa; oder das Vertrauen in eine FDP, die der liberalen Idee eine kraftvolle Stimme geben könnte; das Vertrauen darauf, dass unsere Sicherheitsbehörden wirklich nach allen Richtungen mit der gleichen Intensität nach Verfassungsfeinden Ausschau halten; das Vertrauen darauf, dass Banken und Spekulanten aus der mühsam überwundenen Krise von 2007/2008 etwas mehr Demut gelernt hätten; oder auch das Vertrauen in eine Währung und in ein Europa, das mehr zusammenhält, als nur das Schielen auf eigene Wettbewerbsvorteile. Wer nun für 2012 - von Weltuntergangspropheten aller Couleur einmal abgesehen - mit Blick auf Europa düstere Vorahnungen hat, der sei einmal kurz daran erinnert, wie es noch vor Jahresfrist um Isländer und Iren bestellt war. Inzwischen haben sich die beiden Länder allen Unkenrufen zum Trotz berappelt. Und vielleicht können sie dem ganzen Kontinent Mut machen, die - wohl unvermeidlichen - Stresstests des kommenden Jahres unverzagt anzugehen.
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