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Wachstumsmarkt Gesundheit - Resolution des "Bündnis Gesundheit 2000" auf dem Bündnistag 2004 in Berlin

Berlin (ots)

Gesundheit ist das höchste Gut in unserer
Gesellschaft. Gesund zu sein und sich entsprechend zu verhalten,
spielt für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes eine immer
größere Rolle in ihrer Lebensführung. Neben dem persönlichen Beitrag
eines jeden Einzelnen zum Erhalt und zur Wiederherstellung seines
körperlichen und geistigen Wohlbefindens zählt dazu auch der Anspruch
auf individuelle und qualitativ hochwertige Gesundheitsleistungen.
Unser Gesundheitswesen muss diesen stetig steigenden Ansprüchen
strukturell und finanziell angepasst werden.
Bisherige Reformen aber haben zu erheblichen Verwerfungen auf dem
Arbeitsmarkt und damit auch in der Versorgung der Patienten geführt.
Qualitätsverluste und Engpässe in der Versorgung waren die
unvermeidliche und bis heute spürbare Folge dieser Politik.
Wer im Gesundheitswesen aber ausschließlich einen Kostenfaktor
sieht, ignoriert die volkswirtschaftliche Bedeutung dieses
Wachstumsmarktes. Während in der Industrie durch den
Globalisierungsdruck Arbeitsplätze verloren gehen, bieten
Dienstleistungsbranchen wie das Gesundheitswesen immer noch Chancen
für mehr Beschäftigung. (Insgesamt sind derzeit etwa 4,1 Millionen
Menschen direkt oder indirekt im Gesundheitswesen beschäftigt. Dies
entspricht rund 10,3 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland.)
Bei zukünftigen Reformen ist daher neben einer nachhaltigen
Stabilisierung der GKV auch den enormen Entwicklungspotenzialen und
Beschäftigungschancen im Gesundheitswesen Rechnung zu tragen. Dazu
müssen die Attraktivität der Berufe im Gesundheitswesen erhöht und
die Arbeitsbedingungen wesentlich verbessert werden. Folgende
Maßnahmen sind unverzichtbar:
1. Ein zukunftsfähiges Gesundheitswesen braucht eine stabile
Finanzierungsgrundlage. Mit Rationalisierungen und Rationierungen
kann der wachsende Bedarf an notwendigen medizinischen und
pflegerischen Leistungen nicht kompensiert werden. Vor dem
Hintergrund der erodierenden Einnahmen der gesetzlichen Krankenkassen
müssen deshalb zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten eröffnet
werden.
2. Die Wachstums- und Beschäftigungsmöglichkeiten im
Gesundheitswesen müssen dauerhaft gesichert werden. Gerade das
Gesundheitswesen ist vor dem Hintergrund des medizinischen
Fortschritts und der demografischen Entwicklung äußerst
personalintensiv. Wenn die Personalkapazitäten zur Prävention,
Behandlung, Betreuung und Pflege nicht mit dem exorbitant steigenden
Leistungsbedarf wachsen, ist dauerhafte Rationierung die
unvermeidliche Folge.
3. Prävention muss zu einer eigenen Säule in der
Gesundheitsversorgung ausgebaut werden. Prävention beugt Krankheiten
vor und kann Pflegebedürftigkeit verhindern; sie verhilft damit
gerade in einer Gesellschaft des langen Lebens vielen Menschen im
Alter zu höherer Lebensqualität.
4. Eine Stärkung der Eigenverantwortung der Versicherten ist
notwendig, wenn die gesetzliche Krankenversicherung nicht überlastet
werden soll. Eigenverantwortung fördert das Gesundheitsverhalten und
schärft das Kostenbewusstein der Patienten, wie beispielsweise eine
gerechtere am Befund orientierte Zuschussregelung in der Zahnmedizin,
und stabilisiert dadurch die Solidarität.
5. Ein radikaler Abbau von bürokratischen Reglementierungen im
Gesundheitswesen ist dringend erforderlich. Der zunehmende
Verwaltungsaufwand lässt Behandlungszeit zu Verwaltungszeit werden.
Patienten werden aber nicht durch Verwaltung ihrer Krankheiten
geheilt, sondern durch eine individuelle, an Leitlinien orientierte
qualitätsgerechte Behandlung.
6. Die Berufsflucht in einigen Sparten des Gesundheitswesens muss
gestoppt werden. Inhumane Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen führen
oft bis an die Belastungsgrenze. Wenn die Versorgung auch zukünftig
qualitativ hochwertig bleiben soll, sind humane Arbeitszeiten und -
bedingungen sowie eine leistungsgerechte Bezahlung unerlässlich. Die
Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss dabei gewährleistet werden.
7. Qualitätsoffensive im Gesundheitswesen darf kein
Lippenbekenntnis bleiben. Die vermehrte Einstellung von
unterqualifizierten Billigkräften sowie die zunehmende
Leistungsverdichtung infolge von Budgetierung und Durchökonomisierung
aber fordern Quantität auf Kosten der Qualität. Fundierte Ausbildung
und regelmäßige Fortbildung sind die Grundlagen für eine hohe
Versorgungsqualität. Dazu sind ausreichende Ausbildungskapazitäten in
den Fachberufen des Gesundheitswesens entsprechend dem
gesellschaftlichen Bedarf zu sichern. Versorgungsqualität aber kann
nur dauerhaft gewährleistet werden, wenn der Patient individuell nach
den Möglichkeiten des Fortschritts und vor allen Dingen mit dem
notwendigen Maß an Menschlichkeit behandelt wird.
8. Gesundheitspolitik muss Vertrauen schaffen, nicht zerstören.
Patienten erwarten zu Recht, dass sie eine individuelle und eben
vertrauensvolle Beziehung zu den Gesundheitsberufen aufbauen können.
Nur bei einer gesicherten Vertrauensbasis in die Leistungsfähigkeit
und Leistungsbereitschaft der Gesundheitsberufe werden die Menschen
die Möglichkeiten von Gesundheitsangeboten auch außerhalb der
gesetzlichen Krankenversicherung nutzen.
9. Die Politik muss aufhören, die Leistungserbringer im
Gesundheitswesen für den wachsenden Widerspruch zwischen
Leistungsanstieg und wegbrechenden Einnahmen der GKV verantwortlich
zu machen. Wir brauchen statt dessen eine offene und ehrliche
Diskussion in unserer Gesellschaft des langen Lebens darüber, was
noch solidarisch finanziert werden kann und was einem Zweiten
Gesundheitsmarkt überantwortet werden kann. Es gilt, das
Gesundheitswesen zukunftsfähig zu machen und nicht als Jobmaschine
für die Wirtschaft abzuwürgen.

Pressekontakt:

Bündnis Gesundheit 2000
c/o Pressestelle der deutschen Ärzteschaft,
Tel.: (030) 30 88 98 30

Original-Content von: Bundesärztekammer, übermittelt durch news aktuell

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