Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft
Best Law - Worst Law: Hochschulgesetze der Länder auf dem Prüfstand
Essen (ots)
·Expertenkommission des Stifterverbandes bewertete die Hochschulgesetze der Länder nach ihrer Reformfreudigkeit
·Autonomie und Wettbewerb als Maßstab der Bewertung
·Niedersachsen, Hessen und Baden-Württemberg vorn; Schleswig-Holstein, Thüringen und Sachsen-Anhalt in der Schlussgruppe; Nachholbedarf in Berlin
Die Hochschulgesetze der Bundesländer Niedersachsen, Hessen und Baden-Württemberg sind die reformfreudigsten in Deutschland, abgeschlagen schneiden dagegen die Gesetze der Länder Schleswig-Holstein, Thüringen und Sachsen-Anhalt ab. Dieses Ergebnis stellte heute der Stifterverband in Berlin der Öffentlichkeit vor. Er hatte Anfang vergangenen Jahres eine Expertenkommission damit beauftragt, die Hochschulgesetze der Länder hinsichtlich ihrer Reformfreudigkeit zu untersuchen und vergleichend zu bewerten. Allgemeiner Maßstab der Bewertung in neun Untersuchungsbereichen war, inwieweit das jeweilige Gesetz den Hochschulen Eigenverantwortung und die Entwicklung von Wettbewerb ermöglicht.
"Viele Hochschulen sind in den vergangenen Jahren mit großen Reformschritten vorangekommen. Nun war es an der Zeit zu prüfen, ob die Politik über die Gestaltung neuer Gesetze weiter gehende und wirklich durchgreifende Reformen initiiert oder wenigstens zulässt." Mit diesen Worten erklärte Prof. Dr. Manfred Erhardt, Generalsekretär des Stifterverbandes, die Motive des Stifterverbandes, eine Expertenkommission zur der Prüfung der Ländergesetze einzusetzen.
Die Ergebnisse zeigen deutliche Unterschiede. "Vor allem die jüngeren Gesetze weisen viele fortschrittliche Regelungen auf, beispielsweise über das neue Verständnis im Umgang zwischen Staat und Hochschule durch Abschluss von Zielvereinbarungen", sagte Erhardt. Defizite gibt es bei den Entscheidungskompetenzen, bei Regelungen zum Personalwesen und der Qualitätsentwicklung. Hier weichen die Vorstellungen der Kommission deutlich von den meisten Gesetzen ab.
Die Expertenkommission hatte sich vor der Begutachtung der Gesetze auf einen differenzierten Katalog von Bewertungskriterien geeinigt, die sämtlich auf mehr Autonomie und Wettbewerb zielen. Für jeden der insgesamt neun Untersuchungsbereiche formulierte die Kommission Leitbilder im Sinne idealer Regelungen. "Nähme man alle Leitbilder zusammen, ergäben sie die Grundlage für ein Hochschulgesetz, das die Selbstverantwortung und Eigensteuerung der Hochschulen wirklich Ernst nähme," sagte Kommissionsmitglied Dr. Jürgen Heß, Generalsekretär der Hochschulrektorenkonferenz.
Zu den Leitbildern gehört eine größtmögliche Unabhängigkeit der Hochschulen von staatlichen Vorgaben, sei dies bei der Profilbildung (Rechtsform, Fächerstruktur), bei der Verwendung der Mittel (Globalhaushalt, leistungsbezogene Mittelverteilung) oder im Personalwesen (Hochschule als Dienstherr). Hoch bewertete die Kommission klare Leitungs- und Entscheidungsstrukturen (Rektor/Präsident mit Exekutivfunktion; Hochschulrat mit Entscheidungskompetenz).
Pluspunkte erhielten weiterhin solche Gesetze, die den Hochschulen Spielräume für die Selbstauswahl der Studierenden oder die Erhebung von Studiengebühren gewähren. Ebenfalls schnitten Gesetze gut ab, die regelmäßige Selbst- und Fremdevaluationen der Hochschulen vorsehen.
Alle Bundesländer haben in den vergangenen vier Jahren ihre jeweiligen Hochschulgesetze - teilweise grundlegend - neu gestaltet. Anlass war die Reform des Hochschulrahmengesetzes von 1998, in dem der Bund weitgehend auf detaillierte Vorgaben für Organisation und Leitung der Hochschulen verzichtete.
Allein Berlin ist bislang über einen Referentenentwurf nicht hinaus gekommen, so dass die Kommission diesen nur außer Konkurrenz beurteilte. Der Entwurf selbst wurde positiv bewertet, in der Gesamtwertung gleich hinter dem Spitzenreiter Niedersachsen. Erhardt sagte dazu: "Die Politik in Niedersachsen hat inzwischen wirklich gute Bedingungen für die Entwicklung der Hochschulen geschaffen. Die Situation der Hochschulpolitik in Berlin erscheint dagegen problematisch."
Die komplette Untersuchung mit allen Prüfkriterien, zahlreichen Tabellen und der Liste der Kommissionsmitglieder finden Sie im Internet unter der Adresse: http://www.stifterverband.org.
Pressekontakt:
Dr. Angela Lindner
Tel. 0201/8401-158
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