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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Sarkozy

Bielefeld (ots)

In Berliner Regierungskreisen spricht man es
nicht offen aus, aber die politischen Initiativen des französischen 
Präsidenten Nicolas Sarkozy lösen mittlerweile nur noch Kopfschütteln
aus. »Super Sarko«, wie ihn seine Anhänger nennen, stört nicht nur 
nachhaltig das deutsch-französische Verhältnis, er strebt für 
Frankreich auch die Führungsrolle in Europa an. In seiner Politik 
haben französische Interessen absoluten Vorrang. Offenkundig geworden
ist dies erstmals, als er bei der Fusion des deutschen Konzerns 
Aventis und des französischen Unternehmens Sanofi nicht Ruhe gab, bis
daraus ein Konzern unter französischer Führung wurde.
Dass er seine Ankündigung »Ich bringe Sachen in Bewegung, indem ich 
Tabus breche«, in die Tat umsetzt, hat er mehrfach bewiesen. Mit 
seinem Alleingang bei der Freilassung der bulgarischen 
Krankenschwestern aus libyscher Haft - verbunden mit 
Millionenzahlungen und Waffenlieferungen - stieß er die Partner in 
der EU vor den Kopf. Dass er Deutschland Teilhabe an der 
französischen Atomstreitmacht anbot, wohlwissend, dass Deutschland 
auf Atomwaffen verzichtet und den Atomwaffensperrvertrag 
unterschrieben hat, irritierte nicht nur den deutschen Außenminister.
Zu Recht verärgert reagierten die EU-Partner, als er mit 
Kriegsdrohungen gegen den Iran künftigen friedlichen Lösungsversuchen
der Europäer im Atomstreit unnötigerweise fast den Boden entzog. 
Solch nassforschen Sätze machen es noch schwerer, gemeinsam mit China
und Russland den Druck auf Teheran zu erhöhen.
Vollends in die Isolation in der EU brachte Sarkozy sein 
Frontalangriff auf die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank 
(EZB) und seine fast ultimative Forderung nach einer Zinssenkung. 
EZB-Chef und Landsmann Jean-Claude Trichet widersetzte sich kühl 
dieser Forderung, unterstützt von allen EU-Partnern.
Für Sarkozy grenzt Trichets Verhalten an Hochverrat. Denn der 
französische Präsident benötigt dringend eine Zinssenkung, um den 
defizitären Staatshaushalt unter dem Druck der EU spätestens bis 2012
wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
Da Sarkozy weder auf Koalitionspartner noch auf eine starke 
Opposition Rücksicht nehmen muss, muss sich die Bundeskanzlerin auf 
weitere Überraschungen aus dem Elysee-Palast einstellen. Um eine 
führende Rolle in der EU spielen zu können, muss Sarkozy noch viel 
lernen. Attacken wie die gegen die EZB sollte er sich in Zukunft 
reiflich überlegen.
Weitere außenpolitische Schnellschüsse verhindern könnte der Kampf, 
der Sarkozy an der innenpolitischen Front bevorsteht. Seiner »Agenda 
2010« zufolge sollen die Franzosen für die Gesundheit tiefer in die 
Tasche greifen. Frühverrentungen mit 50 sollen der Vergangenheit 
angehören. Solche Vergünstigungen kosten den französischen Staat 
jährlich fünf Milliarden Euro. Bleibt die Frage, ob die Franzosen 
dazu bereit sind. Es wäre nicht die erste Reform, die am Protest der 
Straße scheitert. Auch Jacques Chirac musste das erfahren.

Pressekontakt:

Rückfragen bitte an:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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