Europäischer Rechnungshof - European Court of Auditors
Schlechte Luft und Lärm plagen Europas Städte
Schlechte Luft und Lärm plagen Europas Städte
- Die Luftqualität in Ballungsräumen hat sich zwar verbessert, aber die Einhaltung der künftigen Grenzwerte wird schwierig.
- Das Lärmschutzziel der EU für 2030 scheint in weiter Ferne.
- Die europäischen Städte tun sich schwer damit, wirksame Maßnahmen zu ergreifen.
Die Umweltbelastung in den Städten der EU zählt nach wie vor zu den größten Risikofaktoren für die Gesundheit. Dies geht aus einem heute veröffentlichten Bericht des Europäischen Rechnungshofs hervor. Europäische Städte seien zu laut. Zudem sei die Luftverschmutzung nach wie vor zu hoch, auch wenn sich die Lage verbessert habe. Dies gebe besonderen Anlass zur Sorge, da die EU und ihre Mitgliedstaaten ihre Anstrengungen in den kommenden Jahren weiter verstärken müssten, um die künftig strengeren Grenzwerte für Luftschadstoffe einhalten zu können.
Drei Viertel der Bürgerinnen und Bürger in der EU leben in Ballungsräumen und sind daher in besonderem Maße von Luftverschmutzung und Lärmbelastung betroffen. Nach Angaben der Europäischen Umweltagentur sterben in Europa jährlich mindestens 250 000 Menschen als Folge der Luftverschmutzung. Auch eine langfristige Lärmbelastung kann der Gesundheit schaden und beispielsweise zu Schlafstörungen, Angstzuständen, kognitiven Beeinträchtigungen und psychischen Erkrankungen führen. So werden darauf in Europa jährlich 48 000 neue Fälle von Herzerkrankungen und 12 000 vorzeitige Todesfälle zurückgeführt. Durch EU-Vorschriften sollen die 450 Millionen Menschen in der EU vor Luftverschmutzung und Lärm geschützt werden. Nach Angaben der EU-Kommission wurden außerdem von 2014 bis 2020 zum Schutz der Luft 46,4 Milliarden Euro bereitgestellt. Für die Jahre 2021–2027 sind sogar 185,5 Milliarden Euro dafür eingeplant.
"Beim Kampf gegen die Umweltbelastung in den Städten sind zwar Erfolge erzielt worden, trotzdem dürfen wir uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen", so Klaus-Heiner Lehne, das für die Prüfung zuständige Mitglied des Hofes. "Die EU und ihre Mitgliedstaaten sollten sich darüber im Klaren sein, dass ehrgeizige Ziele nicht ohne erhebliche zusätzliche Anstrengungen erreicht werden können."
Die Prüfer des Rechnungshofs nehmen zur Kenntnis, dass sich die Luftqualität in der EU insgesamt verbessert hat. Sie weisen jedoch darauf hin, dass die Schadstoffbelastung – insbesondere die durch Autos und Lastwagen verursachte Konzentration an Stickstoffdioxid (NO2) – nach wie vor ein großes Problem darstellt. Im Jahr 2022 sei der aktuelle EU-Grenzwert für Stickstoffdioxid in 10 Mitgliedstaaten noch immer überschritten worden. Da die Luftqualitätsstandards der EU bald verschärft würden, müssten die Städte in der EU ihre Anstrengungen verstärken, um die neuen Normen zu erfüllen, die sich an den von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Vorgaben orientieren.
Auch Lärm, betonen die Prüfer, trage zur Umweltbelastung in den Städten bei, werde jedoch häufig außer Acht gelassen. Sie halten es für praktisch unmöglich zu ermitteln, welche Fortschritte bei der Lärmbekämpfung in der EU erzielt wurden. In den meisten Mitgliedstaaten würden Daten zur Lärmbelastung nur lückenhaft und mit Verzögerung erhoben, sodass nicht festgestellt werden könne, wie sich die Lärmbelastung entwickele. Die Daten deuteten darauf hin, dass das Ziel, die Zahl der durch Verkehrslärm belästigten Menschen bis 2030 um 30 % zu verringern, voraussichtlich nicht erreicht werde. Schätzungen zufolge werde diese Zahl bestenfalls um 19 % sinken und schlimmstenfalls sogar um 3 % steigen.
Den Städten falle es schwer, wirksam gegen Luftverschmutzung und Lärmbelastung vorzugehen. Das liege etwa an schlechter Koordinierung durch die Behörden, Zweifeln an der Wirksamkeit der Maßnahmen oder auch am Widerstand von Anwohnern gegen entsprechende Eingriffe. Ein Beispiel seien die sogenannten grünen Achsen, auf denen Fußgänger und Radfahrer Vorrang vor Autos haben. Die Prüfer stellten fest, dass diese Achsen für die unmittelbaren Anlieger zwar vorteilhaft sind, in den umliegenden Straßen aber zu schlechterer Luft und mehr Lärm führen. Ebenso sei die Schaffung von Umweltzonen, die zur Verringerung von Luftverschmutzung und Lärm beitrügen, zunehmend ein sensibles Thema. Beispielsweise sei gegen Versuche, solche Umweltzonen in Barcelona und Krakau einzurichten, wegen der Diskriminierung von Verkehrsteilnehmern oder der Einschränkung der Bewegungsfreiheit geklagt worden. Mit der Folge, dass die Umweltzonen nur in kleinerem Umfang verwirklicht werden konnten oder ihre Umsetzung verschoben wurde.
Zudem hielten die Prüfer fest, dass die langwierigen EU-Vertragsverletzungsverfahren nicht immer dazu führten, dass die vom Rechnungshof geprüften Städte die EU-Vorschriften zur Luftverschmutzung und Lärmbelastung einhielten.
Hintergrundinformationen
Gemäß den Artikeln 191 und 192 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ist die EU berechtigt, tätig zu werden, um die Umwelt zu erhalten, zu schützen und ihre Qualität zu verbessern sowie die menschliche Gesundheit zu schützen. Im Jahr 2021 wurden im Rahmen des europäischen Grünen Deals konkrete Ziele zur Verringerung der Luftverschmutzung und Lärmbelastung festgelegt, die bis 2030 erreicht werden sollen. Zum einen sollen die Auswirkungen der Luftverschmutzung auf die Gesundheit, gemessen an der Zahl der vorzeitigen Todesfälle, um mehr als 55 % reduziert werden. Außerdem soll die Anzahl der Ökosysteme in der EU, in denen die biologische Vielfalt durch Luftverschmutzung bedroht ist, um 25 % gesenkt werden. Zum anderen soll sich die Zahl der durch Verkehrslärm chronisch beeinträchtigten Menschen um 30 % verringern. Allerdings sind diese Ziele für die Mitgliedstaaten nicht verbindlich.
Der Sonderbericht 02/2025 "Umweltbelastung in den Städten der EU: Sauberere Luft, aber immer noch zu viel Lärm" ist auf der Website des Europäischen Rechnungshofs abrufbar.
Pressekontakt
Pressestelle des Europäischen Rechnungshofs: press@eca.europa.eu
- Vincent Bourgeais: vincent.bourgeais@eca.europa.eu – Mobil: (+352) 691 551 502